Vorsicht vor Tech-Aktien
Uber, Pinterest, Slack: 2019 ist das Jahr der spektakulären Tech-Premieren auf dem Börsenparkett. Die Unternehmen versehen sich als Disruptoren, wollen mit ihren Geschäftsmodellen Märkte grundlegend verändern. Viele Anleger hoffen nun auf rasante Kursgewinne. Wie Berater lukrative Tech-Hypes erkennen. Und wo Gefahr droht.30.07.2019 | 15:32 Uhr von «Alexandra Jegers»
Auf den Moment hatten Anleger lange gewartet: Am 10. Mai feierte der US-Fahrdienstvermittler Uber sein Debüt an der Wall Street. Es war der größte Börsengang eines Tech-Unternehmens seit der Premiere des chinesischen Onlinehändlers Alibaba im Jahr 2014. Doch Hoffnungen vieler Anleger auf einen ähnlich rasanten Start wurden enttäuscht: Die Uber-Aktien starteten an der US-Technologiebörse Nasdaq mit 42 US-Dollar. Das waren sogar sechs Prozent weniger als der Ausgabepreis von 45 US-Dollar.
Tech-Unternehmen werben mit dem Versprechen, Wirtschaft und Gesellschaft auf Jahrzehnte zu prägen. So ist es nicht verwunderlich, dass es Investoren bei der Aussicht auf eine mögliche Wachstumsexplosion in den Fingern juckt. Lars Skovgaard Anderson, Investmentstratege bei Danske Invest, warnt allerdings vor vorschneller Euphorie. Vom Tech-Boom zu profitieren ist nämlich nicht so leicht, wie es Optimisten oft erwarten: „Neue Technologien sind meist von einem enormen Hype umgeben“, sagt der Anlageprofi. Den richtigen Zeitpunkt für den Einstieg zu erwischen, sei eine Kunst, die man erst einmal erlernen müsse.
Investoren müssen sich bewusst machen, dass neue Technologien eine Zeit brauchen, bis sie sich am Markt durchsetzen. Dabei gilt auch: Die ersten Anbieter müssen nicht zwangsläufig die Besten sein. „Häufig ist zu sehen, dass die Unternehmen, die ursprünglich an der Entstehung eines Hypes beteiligt waren, zum Schluss gar nicht die langfristigen Branchengewinner sind“, sagt Anderson. Haben sich Anleger dann schon einmal die Finger verbrannt, fällt es ihnen schwer, noch einmal neu einzusteigen, wenn die Technologie Marktreife erreicht hat.
Nach dem Hype folgt Ernüchterung
Auch bei Fahrdienstvermittlern, zu denen neben Uber auch der US-Konkurrent Lyft zählt, besteht Marktbeobachtern zufolge die Gefahr, zu früh auf die Technologie zu setzen. „Trotz ihrer zunehmenden Bedeutung wird vermutlich keines der beiden Unternehmen auf absehbare Zeit Gewinne erzielen“, sagt Mark Hawtin, Experte für Tech-Aktien bei GAM Investments. Noch sei völlig unklar, wie sich der Transportsektor entwickelt und ob auf Dauer wirklich ein Markt für solche Vermittlungsdienstleistungen besteht. „Ein Aspekt, der vorsichtig stimmen sollte, ist die Tatsache, dass die Bewertungen dieser und anderer Unternehmen im Technologiesektor oft übermäßig hoch sind“, sagt Hawtin. An den Kapitalmärkten folgt nach dem Hype oft Ernüchterung: „Die Börsengänge dürften Anleger daran erinnert haben, dass alle Vermögenswerte einer Überprüfung ihres inneren Werts standhalten müssen.“
Selbst wenn die Gewinner feststehen, sind Tech-Investoren vor Rückschlägen nicht gefeit. Auch das lehrt der Blick in die USA. Jahrelang galt für die Regierung in Washington der Konsens: Lasst die Tech-Unternehmen in Frieden wachsen. Angesichts der Omnipräsenz der IT-Giganten gerät diese Laissez-Faire-Haltung langsam ins Wanken. Im Juni wurde bekannt, dass die US-Branchenaufsicht FTC gegen Amazon und Facebook ermittelt, weil die Unternehmen gegen das Kartellrecht verstoßen haben sollen. Auch Google-Mutter Alphabet und Apple stehen im Fadenkreuz der Ermittler, weil sie ihre Marktmacht missbrauchen sollen. Investoren reagierten nervös auf die Untersuchungen: Die Aktien von Facebook und Alphabet verloren am Tag der Verkündigung jeweils rund sieben Prozent, Amazon gab um 5,2 Prozent nach und Apple rund zwei Prozent.