Jede Woche veröffentlichen führende Vermögensverwalter weltweit zahlreiche fundierte Einschätzungen zu den Finanz- und Kapitalmarktmärkten. Um einen Überblick zu erhalten, fasst TiAM FundResearch regelmäßig die wichtigsten Aussagen für Sie kompakt zusammen.
22.09.2023 | 12:15 Uhr von «Peter Gewalt»
Diese Woche stellen Finanzmarktexperten die Auswirkung der geldpolitischen Entscheidung der US-Notenbank Fed und die Folgen auf verschiedenen Assetklassen in den Fokus ihrer Analysen.
So kommentiert Tiffany Wilding, , Managing
Director und Ökonomin beim Vermögensverwalter PIMCO:
James Briggs, Portfolio Manager im Corporate-Credit-Team bei
Janus Henderson Investors meint:
„Die
US-Notenbank beließ die Zinssätze wie erwartet unverändert, verkündete aber
gleichzeitig, dass mit einer weiteren Zinserhöhung in den letzten Monaten des
Jahres zu rechnen sei. Die Zusammenfassung der Wirtschaftsprojektionen wurde
aktualisiert, um eine widerstandsfähigere Wirtschaft als erwartet zu
berücksichtigen, wobei insbesondere die Arbeitsmärkte und die
Verbraucherausgaben in den letzten Monaten positiv überrascht haben. Der
Ausschuss hat die jüngsten Daten herangezogen, um ein wesentlich
optimistischeres Szenario für eine weiche Landung in den Jahren 2024 und 2025
zu extrapolieren. Er geht davon aus, dass sich die Inflation weiter in Richtung
des Zielwerts abschwächen kann, ohne dass es zu einem wesentlichen Anstieg der
Arbeitslosenquote kommt. Während diese Prognosekorrekturen bis zu einem
gewissen Grad eine realistische Marktbewertung darstellen, scheinen die
Korrekturen für die Folgejahre sich weniger an früheren Zyklen zu orientieren.
Der Vorsitzende Powell räumte ein, dass die Unsicherheit rund um diese
Prognosen nach wie vor groß ist, und spielte deren Bedeutung für die
Geldpolitik herunter. Er betonte weiterhin, dass die Fed datenabhängig bleibe
und dass die gesamten eingehenden Daten für die künftige Zinsentwicklung
entscheidend sein werden.
Unserer Ansicht nach ist die Wahrscheinlichkeit einer weiteren
Zinserhöhung auf der November- oder Dezember-Sitzung nach wie vor gering. Wir
gehen jedoch nach wie vor davon aus, dass keine weiteren Erhöhungen
erforderlich sein werden und dass wir für diesen Zyklus den Zielwert erreicht
haben. Die Erklärung spiegelte das seit den Juni-Prognosen besser als erwartete
Wachstum wider, erwähnte aber nicht, dass auch die Inflation positiv überrascht
hat. Mit Blick auf die Zukunft hat sich die Liste der potenziellen
Wachstumsrisiken verlängert: Ein möglicher Shut-down der Regierung und
eskalierende Arbeitskämpfe addieren sich zum Abbau überschüssiger Ersparnisse
und der Rückkehr zur Rückzahlung von Studentenkrediten. Obwohl die jüngsten
Trends darauf hindeuten, dass die Wirtschaft robust genug sein dürfte, um
diesem Gegenwind standzuhalten, versuchte die Fed, Zeit für die Bewertung der
eingehenden Daten zu gewinnen, ohne zu verkünden, dass die Zinssätze ihren
Höhepunkt erreicht haben oder die restriktive Politik, die sie in den letzten
18 Monaten eingeführt hat, zu lockern. Dieser vernünftige Ansatz, den
Zinserhöhungszyklus zu pausieren, während einer längerfristig angelegten, auf
die Inflationsrisiken ausgerichteten Geldpolitik, bietet Flexibilität für
Anpassungen in den kommenden Monaten. Angesichts der sich abzeichnenden
BIP-Revisionen und der sich weiter normalisierenden Basiseffekte gehen wir
davon aus, dass die hawkishe Rhetorik in den kommenden Monaten als weniger
notwendig erachtet werden könnte.“
Christian Scherrmann,
US-Volkswirt bei der DWS, ordnet den Fed-Entscheid wie folgt ein:
„Wie
allgemein erwartet, gab sich die US-Notenbank auf ihrer Sitzung im September
erneut falkenhaft. Die aktualisierte Wirtschaftsprognosen suggerieren, dass die
US-Zentralbanker noch immer an eine weiche Landung glauben. In den nächsten
Jahren erwarten sie ein robusteres Wachstum sowie einen geringeren Anstieg der
Arbeitslosenquote. Gleichzeitig nähert sich die Inflation allmählich ihrem Ziel
von 2 Prozent - irgendwann im Jahr 2026 - an. Der Zinsausblick beinhaltet noch
immer einen weiteren Zinsschritt in diesem Jahr sowie weniger Zinssenkungen in
2024. Alles in allem ein relativ optimistisches Bild der Wirtschaft, welches,
wenn man die Prognosen für bare Münze nimmt, die Frage aufwirft, warum die
Zentralbank auf dieser Sitzung nicht an den Zinsen gedreht hat.
Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell hat vielleicht gerade diese Frage zu Beginn
der Pressekonferenz beantwortet. Er erklärte, dass man bei den Zinssätzen
"vorsichtig vorgehen" wolle. Dies deutet darauf hin, dass die
Zentralbanker ihren (Zins-)Prognosen möglicherweise doch nicht so ganz
vertrauen. Vielmehr wartet man auf "überzeugende Beweise" und
"mehr Fortschritte", um zu entscheiden, ob die Zinsen restriktiv
genug sind, damit die Inflation auf das 2 Prozent-Ziel sinkt. Auf die Frage, ob
eine weitere Zinserhöhung für die Wirtschaft überhaupt von Bedeutung sei,
antwortete er, dass er der Frage aus makroökonomischer Sicht "keine große
Bedeutung" beimessen würde.
Darüber hinaus scheint eine sanfte Landung
nicht das Basisszenario zu sein, jedoch hält man dies für möglich - wenn man
nur vorsichtig genug vorgeht. Auch auf die Frage, ob die Fed die derzeitige
Haltung für restriktiv genug hält oder wann mit den ersten Zinssenkungen zu
rechnen sei, äußerte er sich sehr vorsichtig: „dies ist mit viel Unsicherheit
behaftet".
Insgesamt hat man den Eindruck,
dass Jerome Powell in der Pressekonferenz die selbstbewusste falkenhafte
Botschaft der volkswirtschaftlichen Prognosen abgeschwächt hat. Die Worte
"vorsichtig" und "Ungewissheit" erwähnt er ungewöhnlich
häufig. Wir sind nach wie vor der Ansicht, dass die Zentralbanker derzeit eher
daran interessiert sind, die Markterwartungen hinsichtlich des Credos „länger
höhere Zinsen“ zu managen, anstatt die Wirtschaft durch weitere Zinsschritte
noch mehr unter Druck zu setzen.
Damit diese Strategie aufgeht, müssen die
Zentralbanker datenabhängig sein. Sollten die Daten enttäuschen, so gibt es
mehr zu tun - etwas, das sie vielleicht zu vermeiden versuchen. Angesichts der
aktualisierten Prognosen liegt die Messlatte für die meisten Daten - mit
Ausnahme der Inflation - nun jedoch höher.“
Stephen Auth, Chief Investment Office for Equities bei Federated
Hermes, meint:
„Seit unserem letzten Marktkommentar hat sich der Markt weiter durch die
spätsommerlichen Gewitterwolken gewälzt, die wir vorhergesagt hatten. Dazu
gehörten die anhaltend schwachen China-News, die zwar großartigen, aber bereits
abgezinsten Gewinne von Nvidia, dem Marktführer der „Magnificent Seven“, und
die zunehmende Besorgnis über potenziellen Verbraucherstress aufgrund der
Rückzahlung von Studentenkrediten, sinkender Ersparnisse und des Drucks durch
immer noch hohe Inflationszahlen.
Wie wir damals angedeutet haben, scheinen die
positiven Aspekte gerade ausgereicht zu haben, um die Bullen auf den Beinen zu
halten und weiterzukämpfen: China setzt weiterhin mäßig hilfreiche
Konjunkturmaßnahmen ein, ein sich abschwächender Arbeitsmarkt und die Deflation
in China halten die Inflationserwartungen moderat, und die Ausgaben für den
Schulanfang entwickeln sich leicht positiv (wenn auch weniger stark als im
letzten Jahr).
Unser Rat an die Anleger: Gewöhnen Sie sich daran. Jetzt, da die
makroökonomischen Bedenken hinsichtlich der Fed, der Inflation, der Rezession
und Chinas schwinden und die Bewertungen im Vorfeld eines für 2024 erwarteten
besseren, „normaleren“ Jahres gestiegen sind, werden wir auf die altmodische
Art Geld verdienen müssen: durch die Erwirtschaftung von Gewinnen sowie die
daraus resultierenden Rückkäufe und Dividendenzahlungen.“
Das Global Equity Team von Nikko Asset Management macht
trotz sehr viel Unklarheit drei
eindeutige Trends aus.
„In diesem Jahr wurde der US-Bankensektor durch die
Auswirkungen der raschen geldpolitischen Straffung beeinträchtigt. Könnten auch
andere Sektoren für unvorhergesehene Schocks anfällig sein? Wie werden sich die
Maßnahmen der Zentralbanken letztlich auf das Wachstum auswirken? Bisher
konnten viele große Volkswirtschaften eine Rezession vermeiden – wie lange
noch? Und wer wird als langfristiger Gewinner im Bereich Künstliche Intelligenz
seine aktuelle Bewertung rechtfertigen?
Fragezeichen, wo man auch hinschaut. In Zeiten
unvorhersehbarer Veränderungen halten wir es für wichtig, an Bekanntem
festzuhalten. In unserem Fall heißt das, Unternehmen ausfindig zu machen, die
überdurchschnittliche langfristige Renditen und im Laufe der Zeit eine bessere
Performance erzielen. Drei langfristige Trends tun sich dabei derzeit besonders
hervor:
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