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„Viele Makler verschenken ein 5- bis 6-stelliges Vermögen"

Bild: Andreas Grimm, Geschäftsführer des Münchner Resultate-Instituts
Beratung

Der Verkauf eines Kundenbestands ist kein Kinderspiel. Im Veräußerungsfall haben viele Makler völlig falsche Vorstellung davon, was ihr Unternehmen wert ist.

05.07.2018 | 08:37 Uhr

Es kann im Ernstfall ganz schnell gehen. Einmal nicht aufgepasst, droht die Berufsunfähigkeit. Das eigene Maklerunternehmen muss dann verkauft werden. Es kann aber auch einfach um den wohlverdienten Lebensabend gehen, an dem das Geschäft abgegeben werden soll. Wohl dem, der den Wert seines eigenen Unternehmens und seiner Bestände adäquat einschätzen kann, und nicht bei dem Verkauf über den Tisch gezogen wird. Fallstricke gibt es viele, meint Andreas Grimm, Geschäftsführer der auf Bestandsverkäufe spezialisierten Beratungsagentur Resultate, München.

Share oder Asset Deal

Wenn das eigen Unternehmen abgegeben werden soll besteht die erste Schwierigkeit darin, Klarheit darüber zu erlangen, was veräußert wird: das Unternehmen, der Bestand oder der Marktzugang: Im Gegensatz zum Handelsvertreter, der ausschließlich für einen Produktgeber vermittelnd tätig wird, verfügt der Makler als Sachwalter des Kunden über einen Vertragsbestand, der – soweit bestimmte Anforderungen erfüllt sind – mit allen seinen Rechten und Pflichten an einen Nachfolger oder Käufer übertragen werden kann Seinen Kundenbestand kann er daher entweder über einen Share Deal in Form seines gesamten Unternehmens verkaufen. Oder er gibt Courtageansprüche, Marktzugang und Perspektive mittels eines Asset Deals ab.

Ganz gleich, wofür er sich entscheidet, der Wert des Bestands ist für einen Laien eine schwer abschätzbare Größe: „Der wichtigste Werttreiber für einen Bestand oder ein Unternehmen ist die Frage, wie hoch die zukünftigen Erträge nach Steuern sein werden und welche Risiken die Ertragsprognose gefährden. Hohe Ertragsprognosen führen zu hohen Bestandswerten, hohe Risiken oder mangelndes Vertrauen in den Verkäufer zu empfindlichen Abschlägen“, erläutert Andreas Grimm, Geschäftsführer des Resultate-Instituts, das sich auf die Bewertung von Maklerbeständen spezialisiert hat. Trotzdem gibt es Bezugsgrößen, um den Verkaufspreis einzurahmen. So sind Bestände, mit vielen jungen Kunden, mehr wert, als Bestände mit hoher Altersstruktur. Das liegt auf der Hand, denn die Restlaufzeit der Verträge steigt mit abnehmendem Durchschnittsalter der Kunden und ist entscheidend für die in der Zukunft zu erwartenden Erträge des Unternehmens.

Ein potentieller Käufer wird ebenfalls mehr bezahlen, wenn der Bestand eine hohe Kundenbindung nachweisen kann. „Die Kundenbindung kann zu einem gewissen Maß aus einer geringen Stornoquote der Bestands- und Neuverträge sowie über die Cross-Selling-Quote abgeleitet werden“, erklärt Grimm. „Daneben gibt es aber weitere Faktoren, die in die Wertsetzung hinein spielen, bspw. wie gut die Vertragsdaten und die Beratungsdokumentationen gepflegt sind, ob die Kundendaten juristisch einwandfrei übertragbar sind und ob die Kundenbeziehungen vollständig und ohne großen Aufwand vom Nachfolger übernommen werden können“, so Grimm.

Geeignete Berechnungsmethode

Den Wert eines Bestandes zu ermitteln hängt davon ab, ob das gesamte Unternehmen verkauft wird, oder nur ein Teil davon. Für die Feststellung des Unternehmenswertes wird in der Regel ein auf die Branche abgestimmtes, modifziertes Ertragswert-Verfahren verwendet. Grimm rät Maklern zur Vorsicht: „Verbreitet ist auch das aus dem Bewertungsgesetz stammende vereinfachte Ertragswertverfahren. Diese Methode arbeitet nicht mit den kommenden Erträgen, sondern basiert auf Vergangenheitswerten und ist im Prinzip für steuerliche Fragen der Finanzbehörden entwickelt. Für Übertragungen ist dieses Verfahren daher ungeeignet“. Gleiches gelte auch für die zahlreich im Internet angebotenen Faktor- und Vergleichswertverfahren. „Fast alles Hokuspokus“ warnt Grimm. „Wenn Sie ein nicht geeignetes Verfahren anwenden ist ihr Ergebnis auf jeden Fall für die Tonne“. Es gibt auch in der Rechtsprechung seit geraumer Zeit eindeutige Urteile, dass für diese Fragestellungen nur das Ertragswert- oder das DCF-Verfahren angewendet werden sollte. Es ist übrigens ein erheblicher Unterschied, ob ein Bestand oder ein Unternehmen bewertet und übertragen werden soll. So unterscheiden sich der Bestands- und der Unternehmenswert bei ein und demselben Unternehmen meist erheblich.

Die Nachfrage ist hoch

Eine natürliche Nachfolge wünschen sich die meisten Makler. Doch wahrscheinlicher ist, dass ein Mitbewerber oder ein finanzstarkes Unternehmen den Bestand aufkauft. Große Maklerpools, Medienkonzerne und Versicherungen zeigen Interesse. Daneben finden sich aber auch Selbstständige Berater, die ihren Bestand auf diese Weise vergrößern möchten. Junge Makler brauchen, um zukunftsfähig arbeiten zu können, Bestände mit einer Jahrescourtage von 250.000 bis 500.000 Euro. Die aus eigener Kraft aufzubauen, erweist sich in der Praxis oft als schwierig. Einfacher ist es daher, Bestände dazu zu kaufen. Das treibt die Preise nach oben. „Die Nachfrage“, so Grimm, „ist viel größer, als es sich die meisten Makler vorstellen. Wir haben einen absoluten Verkäufermarkt“. Dennoch böten viele Makler ihren Bestand unter Wert an. „Ihnen entgeht auf diese Weise schnell ein fünf- bis sechsstelliger Betrag“, so Grimm.

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