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Michael Reuss: „Der Rückschlag ist eher eine Kaufchance“

Michael Reuss
Anlagestrategie

Ist die Japan-Rallye vorbei? Setzt bei KI-Werten jetzt die große Ernüchterung ein? Und haben die Weltbörsen das Kursbeben überhaupt schon verdaut? Michael Reuss, Vorstand der Vermögensverwaltung HRK Lunis, analysiert im Gespräch mit TiAM FundResearch die aktuelle Marktlage.

13.08.2024 | 10:00 Uhr von «Tobias Aigner»

TiAM FundResearch: Nach dem Ausverkauf vor rund einer Woche scheinen sich die Aktienmärkte wieder zu beruhigen. Erwarten Sie weitere Turbulenzen, oder haben Sie die Korrektur schon zu Käufen genutzt? Und wie stellt man sein Portfolio jetzt am besten auf?

Michael Reuss: Es liegen aktuell noch zu viele Unwägbarkeiten in der Luft, um schon ein Ende der Turbulenzen auszurufen. Die Rezessionsängste in den USA, der Nahost-Konflikt, die hohe Bewertung am US-Aktienmarkt, die Fortsetzung der Auflösung des Yen-Carry-Trades – um nur einige zu nennen. Käufe haben wir daher bis jetzt nur selektiv vorgenommen. Wer seine strategischen Aktienpositionen noch nicht besetzt hat, der könnte die Rückschläge allerdings gut für Käufe nutzen. Das Gebot der Stunde lautet aber: das Depot wetterfest aufstellen. In einem ausgewogenen Portfolio bedeutet das, Aktien und Anleihen etwa gleich zu gewichten, mit je 40 Prozent. Dazu 7 Prozent Gold und 13 Prozent Cash für spätere Aktienkäufe. So lässt sich die Aktienquote bei erneuten Marktturbulenzen schrittweise erhöhen.

Entscheidend für die Börsen wird sein, wie die Notenbanken reagieren. Rechnen Sie damit, dass Fed und EZB dem Markt mit Zinssenkungen zu Hilfe eilen?

Die Fed und die EZB werden die Zinsen dieses Jahr definitiv senken. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Fed den Leitzins im ersten Schritt gleich um 0,5 Prozentpunkte senkt. Sie werden aber versuchen, dies nicht als Hilfe für den Markt aussehen zu lassen. Die Inflationsentwicklung gibt ein niedrigeres Zinsniveau her, und die Wirtschaftsentwicklung braucht es!

Ein Auslöser der Kurskapriolen war die aufziehende Angst vor einer US-Rezession. Wie groß ist die Gefahr?

Auslöser war die Kombination aus schwächeren US-Wirtschaftsdaten und der Auflösung des Carry-Trades durch die Yen-Stärke. Wir haben definitiv den Höhepunkt der US-Wirtschaftsentwicklung überschritten. Es ist aber zu früh, schon jetzt eine Rezession auszurufen, das Rezessions-Risiko liegt bei rund 25 Prozent. Auch wenn einige Punkte – wie die hohen US-Realzinsen – dafür sprechen. Hier gilt es, die wirtschaftlichen Daten aufmerksam zu verfolgen, allen voran die zum Arbeitsmarkt.

Auch die Zahlen und Ausblicke großer US-Techwerte wie Nvidia, Amazon oder Alphabet haben den Investoren die Stimmung vermiest. War die Korrektur der Startschuss für einen Favoritenwechsel an den Börsen? Welche Sektoren rücken dabei stärker in den Fokus?

Bei den Techwerten herrschte zuvor einfach eine zu große Euphorie rund um das Thema KI. Jetzt werden die Umsätze genauer hinterfragt, und die Investoren reagieren enttäuscht, wenn die auf KI zurückzuführende Umsatzentwicklung noch eher ernüchternd ist. Dabei waren die Zahlen der meisten Unternehmen eigentlich sehr gut, aber der Markt hatte noch mehr erwartet. Die Übergewichtung in den Techwerten wird zugunsten defensiver Aktien wie zum Beispiel Versorger oder Konsumgüterhersteller reduziert. Auf Techwerte komplett zu verzichten, vor allem auf die etwas defensiveren wie beispielsweise Microsoft oder Alphabet, wäre meiner Ansicht nach aber ein Fehler.

Besonders heftige Ausschläge gab es am japanischen Aktienmarkt, der in den Monaten zuvor stark performt hat. Dort hat die Notenbank die Zinsen zuletzt angehoben – und den Kursrutsch so mit ausgelöst. Ist die Japan-Rallye vorbei?

Der Rückschlag war schon gewaltig und erinnerte an den Crash 1987. Die Rallye ist aber nicht vorbei, weil in Japan etwas Grundlegendes passiert und alte Strukturen gerade aufgelöst werden. Der Rückschlag ist eher eine Kaufchance. Unser Ausblick zu Japan würde sich nur eintrüben, wenn der Yen dauerhaft aufwertet – das erwarten wir aber nicht.

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