Mitglieder des European Forum of Securities Associations fürchten eine nachhaltige Gefährdung des wirtschaftlichen Aufschwungs. Studie: Milliarden für den Fiskus.
08.09.2014 | 13:11 Uhr
Anfang Mai 2014 haben die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die den Vorschlag zu einer Finanztransaktionssteuer unterstützen, ihren Willen bekräftigt, das Vorhaben weiter voranzubringen. Im Januar 2016 soll eine solche Steuer zunächst für den Handel mit Aktien und Derivaten eingeführt werden.
Die Mitglieder des European Forum of Securities Associations (EFSA) – ein Zusammenschluss der die in Europa tätigen Wertpapierfirmen vertretenen Verbände – warnt nun vor diesem Vorhaben. Wie der Bundesverband der Wertpapierfirmen e.V. als Mitglied des EFSA heute mitteilt, gefährde eine derartige Steuer den wirtschaftlichen Aufschwung nachhaltig. Auf die Finanzmärkte der Europäische hätte sie erhebliche negative Auswirkungen. „Insbesondere würde eine derartige Steuer eine erhebliche Kostenbelastung für den Endnutzer der Finanzmärkte, namentlich Unternehmen und Anleger bedeuten“, heißt es in dem Schreiben, das FundResearch vorliegt. Aus diesem Grund lehne EFSA die Finanztransaktionssteuer weiterhin entschieden ab. Zwar sei der Endkunde nicht der eigentliche Adressat der Steuer, doch werde er mit einer bisher weitgehend unterschätzten, zusätzlichen Kostenbelastung konfrontiert.
Die Besteuerung bestimmter derivativer Geschäfte hätte zudem „schwerwiegende negative Folgen“ für Unternehmen und Realwirtschaft der Europäischen Union und führe zu einem Wettbewerbsnachteil für die Finanzinstitute der teilnehmenden Mitgliedstaaten. „Die negativen Auswirkungen einer Finanztransaktionssteuer auf die Marktliquidität würde durch bisher zu wenig beachtete Kaskadeneffekte erheblich verstärkt, was einen entscheidenden Grund für eine zusätzliche Belastung der Endnutzer darstellen würde“, warnt EFSA. „Um diesen Effekt abzuschwächen, sehen die in verschiedenen Ländern der Europäischen Union – Frankreich, Italien und dem Vereinigten Königreich – bereits eingeführten Finanztransaktionssteuern eine Bereichsausnahme für die Aktivitäten von Finanzintermediären vor.“ Darüber hinaus seien grundlegende Bedenken hinsichtlich der rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Steuer bislang nicht ausgeräumt.
Gutachten: Mindestens 17,6 Milliarden Euro jährlich für den Fiskus
Der Bundesfinanzminister hingegen dürfte sich über die Steuer freuen: Einem Gutachten der dänischen Beratungsgesellschaft „Copenhagen Economics“ zufolge dürfte sie dem deutschen Fiskus jährliche Erlöse von mindestens 17,6 Milliarden Euro einbringen, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Theoretisch seien sogar 88 Milliarden Euro möglich. Da aber einige Geschäfte wegfallen oder verlagert werden dürften, werde am Ende weniger zusammenkommen.
Dem Gutachten zufolge belaufe sich der Nominalwert aller in Deutschland oder von deutschen Finanzinstituten gehandelten Wertpapiere auf jährlich 275 Billionen Euro. Der Verkauf einer Aktie soll nach dem Willen der EU-Kommission mit 0,1 Prozent besteuert werden. Auf Derivate fällt eine Steuer von 0,01 Prozent an. Die dänischen Experten gehen davon aus, dass es in den elf Teilnehmerländern zu starken Ausweichreaktionen der betroffenen Geldhäuser kommen werde, wodurch das Steueraufkommen geschmälert werde. Aktienemissionen könnten beispielsweise in andere Staaten ohne die Steuer verschoben werden. Oder Investmentfonds schichten ihre Portfolios seltener um und verlagern die Geschäfte von Finanzinstituten auf nicht-steuerpflichtige Firmen. Der rein computergesteuerte Hochfrequenzhandel dürfte dem Gutachten zufolge vollständig zum Erliegen kommen.
Vor diesem Hintergrund sind die Bedenken der Wertpapierverbände verständlich. Auch wenn die dänischen Experten dem EFSA in einem Punkt widersprechen: Die Auswirkungen auf die Wirtschaftsentwicklung dürften vergleichsweise gering ausfallen. Die Kapitalkosten für Unternehmen könnten allerdings steigen und Preissicherungsgeschäfte teurer werden.
(PD)
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