Nach dem geplatzten Übernahmenangebot für den Konkurrenten Deutsche Wohnen prüft der größte deutsche Wohnungskonzern Vonovia sein weiteres Vorgehen. Vorstandschef Rolf Buch zufolge gibt es drei Optionen:
28.07.2021 | 12:15 Uhr von « Jörg Lang und Wolfgang Ehrensberger»
Vom Deal komplett zurücktreten und Verkauf der eigenen Deutsche-Wohnen-Aktien, ein verändertes Gebot abgeben oder den Deal noch einmal komplett neu aufsetzen. Zuvor hatte der Bochumer Branchenführer mit seiner Offerte nur 47,6 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien eingesammelt und damit die angestrebten 50 Prozent klar verfehlt. Trotz des Scheiterns der Offerte schloss Vorstandschef Buch nichts aus: "Es ist noch alles möglich." Dass sich Vonovia komplett aus der Transaktion zurückzieht, erscheint derzeit eher unwahrscheinlich. Auch der Markt setzte zunächst auf einen neuen Anlauf mit einer höheren Offerte. Die Deutsche Wohnen-Aktie legte deshalb zum Wochenstart deutlich zu.
Vonovia kontrolliert heute schon durch Eigenerwerb ein gutes Fünftel der Aktien von Deutsche Wohnen. Diese Aktien haben bei einer steuerlichen Optimierung eines möglichen Deals in der Zukunft einen Vorteil, der sicher nicht aufgegeben wird. Vonovia würde auch kaum die zu erwartenden Wertverluste bei einem Verkauf seiner Deutsche-Wohnen-Aktien riskieren. Umgekehrt ist es schwer vorstellbar, dass sich Vonovia dauerhaft mit der Rolle des Minderheitsaktionärs abgibt. Deshalb läuft viel darauf hinaus, dass der Konzern am Drücker bleibt.
Kein Problem dürfte es sein, dass Vonovia eigentlich für ein neues Angebot für ein Jahr gesperrt ist, wenn die Offerte für gescheitert erklärt ist. Denn die Sperre kann mit Zustimmung von Finanzaufsicht und Deutsche Wohnen ausgehebelt werden. Weil die erzielte Quote von 47,6 Prozent schon sehr nah am Zielwert von 50 Prozent liegt, könnte Vonovia versuchen, die Angebotsbedingungen nachträglich zu ändern, etwa indem die Annahmeschwelle ausgesetzt wird. Dann könnte der Konzern die angedienten Aktien kaufen und über den Markt versuchen, die restlichen Aktien zu kaufen und so zu einer Mehrheit zu kommen.
Für Anleger gilt also: Die Aktien von Deutsche Wohnen bleiben als Abfindungs-Spekulation weiterhin spannend, auch weil der Marktwert der Liegenschaften über dem Kurs liegt. Die Vonovia-Aktie ist ebenfalls gemessen am Kursniveau noch zu preiswert. Einzige Ausnahme wäre, wenn Vonovia mit einem deutlich höheren Angebot für Deutsche Wohnen an den Markt herantreten sollte.
Dieser Artikel erschien zuerst am 27.07.2021 auf boerse-online.de
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