Das Wirtschaftsministerium hatte die Änderungen kurzfristig
angekündigt. Vor allem das sorgt - neben Kürzungen bei Fördersätzen - für
Empörung. Verbände warnen, es werde nun weniger saniert.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisierte: «Tausende
Sanierungsprojekte könnten nach langer Planung verworfen oder unter enormem
Mehraufwand reorganisiert werden müssen.» Beim Bundesverband Freier Immobilien-
und Wohnungsunternehmen heißt es: «Wer Häuser plant und baut, kann nicht von
einem Tag auf den anderen alle Planungen über den Haufen werfen.»
Was ist passiert? Am 26. Juli hatte Wirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) die Reform verkündet. Nur wenig später, am 28. Juli,
traten neue Förderbedingungen für Anträge auf Komplettsanierungen bei der
staatlichen Förderbank KfW in Kraft. Es gibt keine direkten Zuschüsse mehr -
nur noch für Kommunen -, sondern zinsverbilligte Kredite sowie einen
Tilgungszuschuss.
Fördersätze für Einzelmaßnahmen gesenkt
Die zweite Stufe der Reform gilt zum 15. August. Fördersätze
für Einzelmaßnahmen bei Sanierungen werden damit gesenkt. Begründung des
Wirtschaftsministeriums: Um möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern angesichts
knapper Haushaltsmittel Förderung zu ermöglichen, seien «etwas verringerte
Fördersätze» notwendig. Hintergrund ist, dass der Bund 2023 wieder die
Schuldenbremse einhalten will. Steigende Energiepreise machten Investitionen in
höhere Effizienz aber grundsätzlich schneller rentabel, so das Ministerium.
Die Fördersätze sinken um 5 bis 10 Prozentpunkte. Beim
Fensteraustausch lag der Fördersatz früher bei bis zu 25 Prozent, nach der
Reform bei rund 20 Prozent. Früher bekam man laut Ministerium maximal rund
15.000 Euro, nun 12.000 Euro.
Beim Einbau einer Wärmepumpe gibt es laut Ministerium
künftig statt 50 Prozent der Kosten nur noch maximal 40 Prozent vom Staat.
Früher bekam man bis zu 30.000 Euro, nach der Reform bis zu 24.000 Euro. Den
maximalen Fördersatz bekommt man mit einem neuen Wärmepumpen-Bonus für
besonders effiziente Typen und einem Heizungs-Tausch-Bonus.
Habecks Ziel: Mehr Wärmepumpen
Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne)
hatte eine Wärmepumpen-Offensive angekündigt, ab 2024 sollen mindestens 500.000
neue Wärmepumpen pro Jahr installiert werden - auch um unabhängiger von russischem
Gas zu werden. Im vergangenen Jahr wurden 150.000 Wärmepumpen in Deutschland
eingebaut.
Zur Reform gehört auch, dass Gas- und Gas-Hybrid-Heizungen
vollständig aus der Förderung herausfallen. Dies sei ein konsequenter Schritt,
sagte Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe. «Ob die
Anpassungen in dieser Form eine Sanierungswelle vorantreiben und dadurch ein
wirkliches Signal zur Klimaneutralität 2045 und zu mehr Energiesouveränität
gesendet wird, bleibt fraglich.»
Generelles Ziel der Bundesregierung bei der Reform ist es
vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und
gestiegener Energiepreise, bei der Gebäudeförderung den Fokus statt auf den
Neubau auf die Sanierung alter Häuser zu legen - dort sei der Effekt für
Energieeinsparung und Klimaschutz deutlich höher.
Welche Folgen hat aber nun die Reform? Das
Wirtschaftsministerium sorge für Verunsicherung und Stillstand, kritisierte
Axel Gedaschko, Präsident Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW. «Insbesondere
die wiederholten Förder-Kehrtwenden quasi über Nacht haben bei den sozial
orientierten Wohnungsunternehmen zu einem enormen politischen Vertrauensverlust
und Planungsunsicherheit geführt.» Bereits geleistete, aufwendige Planungen der
Wohnungsunternehmen für Sanierungsvorhaben seien nun vielfach ein Fall für die
Papiertonne oder könnten nur mit deutlichen Mietsteigerungen umgesetzt werden.
«Die Regierung verschärft damit die bereits herrschende Unsicherheit rund um
unzureichende Förderung, Bau- und Energiepreisexplosionen, Fachkräfte- und
Materialmangel deutlich.»
Investitionszurückhaltung verschärft
Eine Sprecherin des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe
sagte, aufgrund der gekürzten Fördersätze drohe die Gefahr, das viele Aufträge
storniert würden und weniger saniert werde.
In einer Stellungnahme des Verbraucherzentrale
Bundesverbands heißt es, durch die starken Kürzungen der KfW-Fördersätze für
Komplettsanierungen könne die Investitionszurückhaltung verschärft werden.
Wichtige Potenziale zur Einsparung von Energie und der Umsetzung einer
verbraucherfreundlichen Wärmewende könnten nicht gehoben werden. Zwar sei das
Fördervolumen erhöht worden - das Ministerium spricht von jährlichen
Bewilligungen in Höhe von 13 bis 14 Milliarden Euro. Das reiche aber längst
nicht aus, so der vzbv. Die Fördermittel müssten auf 25 Milliarden Euro erhöht
werden.
«Es gilt jetzt in diesen herausfordernden Zeiten schnell den
Energieverbrauch zu drosseln und den CO2-Ausstoß zu verringern. Daher ist es
nicht zu verstehen, dass die Fördersätze insgesamt reduziert werden, denn so
wird nicht das maximale Potenzial ausgeschöpft», sagte Dirk Salewski, Präsident
des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen.
Kritik: Energieeffizienz komme wieder zu kurz
Auch viele Energieberater seien verzweifelt und wütend,
berichtet Benjamin Weismann, Geschäftsführer des GIH-Bundesverbands, einer
bundesweiten Interessenvertretung für Energieberaterinnen und Energieberater.
Viele müssten nun ihre Planungen über den Haufen werfen. «Die zukünftigen
Fördermittel sind leider nun so unattraktiv, dass viele ihre erforderlichen
Sanierungsmaßnahmen nicht mehr angehen werden», sagte Weismann.
Zwar seien die weiterhin sehr hoch geförderten Wärmepumpen
und Wärmenetze wichtig für die Energiewende im Gebäudesektor. Allerdings komme
die Energieeffizienz wieder zu kurz. Maßnahmen an der Gebäudehülle würden
deutlich schlechter gefördert als Einzelmaßnahmen in der Gebäudetechnik. Die
angestrebte Sanierungsquote könne so nicht erreicht werden.
Quelle: dpa-AFX
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