TiAM FundResearch: Herr Sälzle, die Verkehrswerte des Immobilienportfolios des LEADING CITIES INVEST wurde im vierten Quartal insgesamt um rund zehn Prozent
reduziert. Hat Sie die Nachricht überrascht?
Rüdiger Sälzle: Völlig unerwartet war solch ein Ereignis nicht, zumal wir
bei FondsConsult seit Monaten signifikante Wertänderungsrisiken feststellen
konnten. Hierzu zählen vor allem die eingebrochenen Transaktionsvolumina im
Immobilienmarkt und die damit einhergehenden Herausforderungen beim
Preisfindungsprozess. Diese Entwicklung wurde flankiert durch diverse
Immobilien-Markt-Indikatoren, die sich in den letzten Monaten kontinuierlich
verschlechterten, zum Beispiel der RICS Commercial Property Monitor. Hinzu kommen die
zuletzt gestiegenen Nettomittelabflüsse aus den Immobilienfonds und eine
größtenteils eher warnende Berichtserstattung zum Immobilienmarkt in
verschiedenen Leitmedien, unter anderem verstärkt durch die Insolvenz des
Anbieters WeWork und der Schieflage bei der Signa Holding.
Wird es nun eine Welle von Neubewertungen von Offenen
Immobilienfonds geben?
Davon gehen wir aus. Die Intensität möglicher
Bewertungsanpassungen ist jedoch stark abhängig von der sektoralen und
regionalen Portfolioallokation: Gewerbeimmobilien und hier im Speziellen der
Büromarkt werden aller Voraussicht nach stärker betroffen sein. Anpassungen
jenseits der zehn Prozent halten wir für die kommenden Monate daher für durchaus
realistisch.
Viele erinnern sich mit Schrecken an die Krise der
Offenen Immobilienfonds in Folge der Finanzkrise 2008. Droht nun ähnliches
Desaster?
Die aktuelle Situation ist mit der desaströsen Entwicklung
im Zuge der Finanzkrise nur sehr bedingt vergleichbar. In der Finanzkrise
eskalierten die Ereignisse Schlag auf Schlag. Eine Konsequenz aus dieser
Entwicklung war, dass der Regulator mit der Einführung von Haltefristen für
diese nur bedingt liquide Anlageklasse reagiert hat. Die aktuelle Situation hat
sich zudem über die letzten zwölf bis 18 Monate abgezeichnet und kam nicht
unerwartet. Daher erwarten wir kein vergleichbares Szenario. Aufgrund der Komplexität
der gesamten Entwicklung können wir aber auch eine Verschärfung der Situation nicht
ausschließen.
Wie sollten Anleger in der aktuellen Situation am besten
agieren?
Das hängt primär von der individuellen Risikoneigung und dem
Liquiditätsbedarf der Anleger ab. In der Tat mag so mancher Anleger mit dem Gedanken spielen,
seine Anteile zurückzugeben, was teilweise durch die Berichtserstattung in den
Medien unterstützt wird. Dennoch sei erwähnt, dass wir von FondsConsult davon
ausgehen, dass die Talsohle auf den Transaktionsmärkten für Immobilien bereits
erreicht wurde und sich daher die Situation auf den Immobilienmärkten in den
kommenden Jahren wieder entspannen sollte. Es handelt sich bei Immobilien
schließlich um langfristige Investments, die einen berechtigten Anteil an der
Portfolio-Allokation eines Anlegers haben. Ich möchte auch darauf hinweisen,
dass weitere Nettomittelabflüsse die Abwertungsgefahr weiter verstärken könnten
und das unabhängig von der Qualität der Immobiliensubstanz. Das wiederum ist
unserer Meinung nach nicht im Interesse des Anlegers.
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