Der Infrastruktursektor zeigt sich widerstandsfähig und lukrativ für Investoren. Die von der Pandemie am stärksten betroffenen Teilsektoren geben ermutigende Signale und erholen sich im Einklang mit dem makroökonomischen Umfeld. Doch in Teilbereichen bleiben Herausforderungen
25.04.2022 | 12:10 Uhr von «Miriam Uebel»
Belastend für Infrastrukturinvestments sind derzeit die noch immer zu spürenden Unterbrechungen von Lieferketten, steigende Infektionsraten und nunmehr auch die Inflation. Gleichzeitig wirken sich säkulare Trends wie Dekarbonisierung und Digitalisierung positiv auf Performance und Investmenttätigkeit aus. Dabei bedürfen drei Themenbereiche einer besonderen Analyse.
Während das Produktionsniveau wieder steigt, liegt der Hauptengpassfaktor nach wie vor im Bereich Transport. Längerfristig unterstreicht die aktuelle Krise die Notwendigkeit von Investitionen in die traditionelle Verkehrsinfrastruktur und macht politisches Handeln erforderlich.
Als Teil des überparteilichen Infrastrukturgesetzes der USA wurden beispielsweise 17 Milliarden US-Dollar für Hafeninfrastruktur und Wasserstraßen bereitgestellt, acht Milliarden US-Dollar sind für kurzfristige Modernisierungen bestimmt.
Aus Sicht von Infrastrukturinvestoren gibt es Gewinner und Verlierer in dieser Situation: Vermögenswerte, die direkt dem Güterverkehr ausgesetzt sind – insbesondere Häfen, Schiene und Logistikinfrastruktur – entwickeln sich positiv. Bei Projekten, die sich derzeit in der Bauphase befinden, kann es jedoch zu Kostenüberschreitungen und Verzögerungen kommen. Zum Beispiel warnten Vestas und Orsted vor den Auswirkungen auf ihr operatives Geschäft durch Unterbrechung der Lieferketten. Ebenso könnten bedingt durch die aktuelle Krise mehr als die Hälfte der Solarprojekte 2022 in den USA verzögert oder sogar abgesagt werden, so die Analyse von Rystad Energy „Rystad energy research and analysis“ vom Oktober 2021.
Die COP26-Konferenz fand im November 2021 inmitten einer globalen Energiekrise statt. Die Konferenz war bedeutsam, da sie die erste Bestandsaufnahme für die Ziele und Maßnahmen der Pariser Klimaabkommen war. Erwähnenswert sind unter anderem Vereinbarungen zu Entwaldung und Methanreduktion, ein Kohlenstoffmarktrahmen und Möglichkeiten finanzieller Unterstützung für den Übergang in eine klimaneutrale EU. Letztlich bleibt die Umsetzung jedoch nach wie vor den einzelnen Ländern überlassen. Eine Reihe von Themen werden auch unverändert kontrovers diskutiert, wie Atomenergie.
Aus Investorensicht bleiben erneuerbare Energien aufgrund des langfristigen Rückenwinds attraktiv, obwohl einige neue Projekte mit Einschränkungen in der Lieferkette konfrontiert sind. Auch die Energiespeicherung wird zu einem immer wichtigeren Puzzleteil der Energiewende, und mit zunehmender Reife des Sektors werden sich neue Investitionsmöglichkeiten ergeben. Investoren sollten auch Technologien wie CCS (Carbon Capture & Storage) oder Wasserstoff betrachten, die das Potenzial haben, nicht nur den Stromsektor, sondern auch den Transport- und Industriesektor zu dekarbonisieren.
Das Wachstum des Datenverbrauchs treibt weiterhin die Investitionen in digitale Infrastruktur voran, obwohl es nach wie vor regionale Unterschiede gibt, wie eine Hochgeschwindigkeits-Internetinfrastruktur eingeführt wird. Die europäischen Investitionen fließen mit starker staatlicher Unterstützung in Glasfaser, da sich die Zahl der Fiber-to-the-Home-Abonnenten bis 2026 voraussichtlich mehr als verdoppeln wird.
Der US-Highspeed-Internet-Rollout ist dagegen eine Mischung aus 5G und Glasfaser. Mobiles Breitband ist relevanter in den USA als in Europa, da es mehr Variabilität in Bezug auf Standort, Geländebeschaffenheit und Bevölkerungsdichte bietet.
Schließlich wächst auch der Rechenzentrumssektor in Europa und den USA weiterhin rasant. An dieser Stelle konvergieren die beiden Themen Dekarbonisierung und Digitalisierung, da viele Kunden mittlerweile den Verbrauch sauberer Energie durch Rechenzentren voraussetzen.
Für Investoren bietet die Telekommunikationsinfrastruktur attraktive Investments. Die Pandemie hat einen starken Fokus auf die Branche gelenkt, mit nicht nur positiven Auswirkungen wie höhere Investitionen und staatliche Unterstützung. So könnten bestimmte Subsektoren künftig einem höheren Wettbewerb und regulatorischer Kontrolle unterliegen.
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