• DAX----
  • ES50----
  • US30----
  • EUR/USD----
  • BRENT----
  • GOLD----

„Langfristige Anlage in einem immobilen Asset“

Gespräch: Michael Kohl (re.), Matthias Weber und Redakteur Peter Gewalt (li.)
Interview

Infrastrukturinvestments waren in der Vergangenheit nur institutionellen Investoren zugänglich. Die bayerische KGAL bietet jetzt auch einen Zugang für Privatanleger. Im Interview erklären Matthias Weber und Michael Kohl, wie das funktioniert und was sich im Markt tut

20.08.2024 | 07:15 Uhr von «Peter Gewalt»

TiAM: In welchen Bereichen investiert KGAL?

Matthias Weber: Als wir vor 20 Jahren anfingen, waren wir einer der Vorreiter, als wir die ersten Solar- und Windparks in Form geschlossener Produkte hingestellt haben. Mittlerweile ist unser Spektrum etwas breiter gefasst, bleibt aber nah an diesen Themen. Uns beschäftigten heute auch Wasserstoff, Ladesäulentechnologie und Energiespeicherung. Alles in allem bleibt es aber ein überschaubarer Ausschnitt, der gut zu uns passt.

TiAM: Wie hat sich der Markt seither entwickelt?

Michael Kohl: Durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz war der Markt stark reguliert. Aber das war genau richtig, weil die Politik die Entwicklung durch hohe Festzusagen unterstützt hat. 2010 lagen die Preise am Strommarkt zwischen vier und sechs Cent pro Kilowattstunde, die Produktionskosten bei circa 30 Cent. Daher waren wir auf einen hohen, vom Staat gestützten EEG-Tarif angewiesen. Heute können wir bei Solar und Wind zunehmend auf das EEG verzichten, weil wir auf dem Weg sind, kostendeckend zu arbeiten.

TiAM: Was ist der Grund, warum Sie heute weniger abhängig sind von staatlicher Hilfe?

Kohl: Das liegt insbesondere an langfristigen Abnahmeverträgen. Damit wollen sich etwa Unternehmen stabile Preise sichern und den Strom nicht dauernd am volatileren Spotmarkt kaufen.

Weber: Und natürlich spielt der technologische Fortschritt eine große Rolle. Heute arbeiten Wind und Solar viel effizienter. Früher war die Nabe, an der der Rotor eines Windrads fixiert ist, 75 Meter hoch, heute sind es 150 Meter. Früher waren es Ein- bis Zwei-Megawatt-Anlagen, heute haben sie fünf bis zehn Megawatt. Zudem setzen Unternehmen vermehrt auf grünen Strom, weil sie sich selbst entsprechende Ziele gesetzt haben und von der Politik zu mehr Nachhaltigkeit verpflichtet werden.

TiAM: Klingt gut, trifft aber nicht auf alle erneuerbaren Energien zu.

Kohl: Nein, beim Wasserstoff etwa ist das Angebot noch gering und die Produktion teuer. Wenn man aber eine wirkliche Dekarbonisierung will, muss man vor allem auf den Sekundärmarkt schauen, etwa bei Industrieunternehmen. Das wird das nächste große Wachstumssegment sein. Daher muss man sicherstellen, dass ausreichend erneuerbare Energien angeboten werden. In absehbarer Zeit bleiben die Preise hoch, weil die Kosten für die Herstellung und die Übertragung von Wasserstoff noch hoch sind. Hier muss der Staat also aktiv bleiben, wenn er das Ganze auf einen unumkehrbaren Pfad bringen will.

Weber: Wenn Wasserstoff oder Floating Offshore marktfähig und marktkonform werden sollen, bis sie den Effekt durchlaufen haben, den wir in den letzten 15 bis 20 Jahren bei Wind und Solar gesehen haben, werden wir um eine Subventions­politik nicht herumkommen.

TiAM: Wird KGAL daher bei Solar und Wind bleiben?

Weber: Im Moment sind es diese beiden Technologien, in die man investieren kann. Wir tun das sowohl bei Herstellung und Speicherung als auch bei Transport und Weiterverarbeitung. Dazu haben wir ein eigenes Team aufgebaut und bieten seit letztem Jahr einen Energy-Transition-Fonds an. Es ist nicht ganz einfach, geeignete Investments dafür zu finden, aber wir haben jetzt eine erste Beteiligung bei ­E-Fuels. Der Fonds verspricht erstmals in der Geschichte der KGAL eine zweistellige IRR. Investoren freuen sich natürlich, wenn sie 13 Prozent Rendite erzielen, wissen aber auch, dass das mit Risiken verbunden ist. Es muss nicht unbedingt Ausfälle geben, aber die Erträge werden vermutlich volatil sein.

TiAM: Und daher vermutlich nur für in­stitutionelle Investoren geeignet.

Weber: Solche Risiken muss man ein­gehen wollen und können. Entsprechend überschaubar ist der potenzielle Investorenkreis. Sobald die Risiken besser planbar sind, kommen auch andere Anleger infrage. Aber das wird frühestens in zehn Jahren der Fall sein.

TiAM: An welcher Stelle der Wertschöpfungskette setzen Sie an?

Kohl: Wir sind in der Lage, institutionellen Kunden Frühphasen-Investments zu ermöglichen. Allerdings beteiligen wir uns nicht am Kauf von Flächen in der Hoffnung, dass eine davon einmal bebauungsreif wird. Wir fangen an, uns damit zu beschäftigen, sobald eine Genehmigung und ein Netzanschluss möglich sind. Dann übernehmen wir klassische Projektentwicklungstätigkeiten, ohne die Bauarbeiten selbst zu übernehmen. Dadurch haben wir eine große Tiefe in der Wertschöpfung, die auch die Rendite treibt. Aber das ist dann kein Core-Produkt, sondern wirklich nur für unsere institutionellen Investoren.

TiAM: Mittlerweile hat KGAL auch eine Lösung für Privatanleger. Wie sieht die aus?

Weber: Mit dem KGAL klimaSubstanz haben wir vor Kurzem eines der ersten Offenen Infrastruktur-Sondervermögen aufgelegt, das wir auch Privatanlegern anbieten und bei dem wir uns auf die bereits angesprochenen klassischen Technologien im Bereich erneuerbare Energien konzentrieren. Dafür kommen in erster Linie Bestandsanlagen und sogenannte Ready-to-build-Projekte infrage. Damit meinen wir das, was man im Immobilienbereich als Forward Funding bezeichnet. Das heißt, wenn die Genehmigung erteilt ist und die Bauphase beginnt oder schon begonnen hat, steigen wir ein, aber der Projektentwickler beziehungsweise Generalunternehmer übernimmt grundsätzlich das Risiko.

TiAM: Für die Anleger bleibt trotzdem das Ausfallrisiko, wenn es der Unter­nehmer nicht schafft.

Kohl: Das ist grundsätzlich richtig, aber wir machen den Fonds auch nicht mit Partnern, die wir sozusagen auf der Straße auflesen, sondern mit solchen, mit denen wir schon Projekte erfolgreich gestemmt haben. Auch Verzögerungen können wir nicht ausschließen, aber das Risiko sind wir zu tragen bereit und sichern es ab. Was den KGAL klimaSubstanz unterscheidet, ist, dass wir Objekte nicht kurzfristig wieder verkaufen, was wir bei institutionelle Investoren in der Regel tun. Vielmehr gilt „hold to maturity“, also bis die betriebs­übliche Nutzungsdauer erreicht ist. Das sind heute zwischen 25 und 35 Jahre.

TiAM: Angenommen, es gäbe ein ­lukratives Angebot, wäre dann ein ­Verkauf trotzdem möglich?

Kohl: Sicher, wir halten uns nicht sklavisch daran und wir überlegen auch immer, wie hoch der Anteil eines Landes oder einer Technologie maximal sein darf. Wenn wir beispielsweise ein gutes Angebot in einem Markt bekommen, dessen maximale Gewichtung bereits ausgeschöpft ist, dann macht es Sinn, dort etwa eine Anlage mit weniger Megawattstunden zu verkaufen, um eine mit größeren Kapazitäten ins Portfolio aufnehmen zu können. Grundsätzlich halten wir uns aber an die Buy-and-Hold-Strategie.

TiAM: Was passiert, wenn die Nutzungsdauer erreicht ist?

Weber: Dann kann es sein, dass man eine Anlage ertüchtigt, Stichwort Re-Powering. Wir haben in älteren Portfolios jetzt erste Projekte von vor zehn, 15 Jahren, die den Endzeitpunkt erreicht haben, und wir müssen entscheiden, ob wir sie wirklich auslaufen lassen oder modernisieren. Dabei geht es zum Beispiel darum, den Mast zu erhöhen und den Durchmesser der Rotorblätter zu vergrößern, um die Effizienz zu steigern. Das sind zwar große Investitionen, aber wir haben den Standort und die lokalen Behörden haben ein Interesse daran, dass die Fläche weiter genutzt wird, anstatt neue ausweisen zu müssen. Schließlich sind Flächen für Wind- und Solarparks nicht unbegrenzt vorhanden.

TiAM: So weit ist der KGAL klimaSubstanz aber noch nicht. Wie sehen hier die nächsten Schritte aus?

Kohl: Zunächst steht die Strategieentwicklung im Vordergrund. Aus Gründen der Diversifizierung nehmen wir eher kleinere, aber dafür mehr Projekte in den Fonds. Je mehr der Fonds wächst, desto mehr wird auch die Durchschnittsgröße der Projekte wachsen. Es wird also eine schrittweise Transformation des Portfolios geben, für die auch regulatorische Vorgaben eine Rolle spielen. Weil wir die Investments in eine Fondshülle für Privatanleger packen, muss der Wert der Objekte quartalsweise von einem Gutachter ermittelt werden. Das verursacht Kosten, die dem Sondervermögen belastet werden. Wenn ich vier Parks zu zwei Millionen habe, fallen die vierfachen Gutachterkosten an. Bei einem zehn Millionen Euro teuren Park fallen die Kosten nur einmal an. Wir nutzen also skalierbare Effekte, um die Belastung zu senken und die Performance zu steigern.

Weber: Andererseits bedeutet die Konzentration des Portfolios, dass die Anleger stärker von der Entwicklung einzelner Anlagen abhängen – in beiden Richtungen. Das wollten wir aus Risikogründen Privatanlegern am Anfang nicht anbieten.

TiAM: Wie sieht die geografische ­Allokation aus?

Weber: Wir wollen in der EU-27 investieren, aber es macht keinen Sinn, im kleinsten Markt anzufangen. Zudem bedeutet jedes neue Land einen hohen Aufwand, denn man muss erst die regionalen Gegebenheiten kennenlernen. Wenn ich dann die Möglichkeit habe, ein zweites, drittes oder gar viertes Projekt zu realisieren, lohnt sich der Aufwand. Deshalb werden wir für den KGAL klimaSubstanz in größeren Ländern anfangen – etwa in Deutschland, Frankreich oder Italien. Auch in den Nordics, insbesondere in Schweden, schauen wir uns aktuell um.

TiAM: Wie viele Objekte hält der neue Fonds im Moment?

Kohl: Wie gesagt, wir stehen am Anfang. Das erste Projekt ist eingekauft, was man aber noch nicht im Factsheet findet, weil wir das vorerst in der Projektgesellschaft auf dem eigenen Buch halten. Jetzt sind wir dabei, das Projekt in den Fonds zu überführen. Dabei gibt es noch einige regulatorische Feinheiten zu berücksichtigen. Das Projekt ist gerade im Bau und wird Ende Juni 2025 fertiggestellt. Es geht dabei um die Erweiterung eines bestehenden Windparks etwa zehn Kilometer südlich von Lübeck. Dort haben wir Erfahrungswerte, weil ein unmittelbar benachbarter Windpark einem unserer institutionellen Fonds gehört, auch der Netzpunkt und das Trafowerk sind bereits vorhanden.

TiAM: Wie sehen Ihre Renditeziele bei dem neuen Fonds aus?

Weber: Der Fonds soll mittelfristig zwischen vier und fünfeinhalb Prozent nach BVI-Methode erwirtschaften. Wie gesagt, mittelfristig. Ich gehe nicht davon aus, dass wir diesen Wert in der Aufbauphase im ersten Jahr erreichen. Der Anlagehorizont liegt zwischen fünf und sieben Jahren. Es ist eine langfristige Anlage in einem immobilen Asset, und darauf muss man sich auch einstellen. Der Fonds ist also kein Ersatz für Tagesgeld.

TiAM: Andererseits gibt es Parallelen zu Offenen Immobilienfonds.

Kohl: Stellenweise ja, und trotzdem ist das Profil unseres Offenen Infrastruktur-Sondervermögens anders. Wenn man in eine Immobilie investiert, bleibt der Preis zumindest gleich, so zumindest das Ziel, das allerdings nicht immer erreicht wird. Bei einem Wind- oder Solarpark verzehrt sich das Asset, und es steht von Beginn an fest, dass ein Projekt, dass wir heute kaufen, in 30 Jahren null wert sein wird – zumindest dann, wenn der Vertrag wirklich ausläuft. Wegen der begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen gehen wir aber davon aus, dass ein einmal ausgewiesener Park in dieser Nutzungsform bleibt. Gibt es in 25 Jahren keine alternativen Flächen mehr, wird der Wert am Ende höher sein, und umgekehrt. Aber man kann es nicht sicher vorhersagen, und daher kalkulieren wir auf null.

TiAM: Sind Offene Infrastruktur-Sondervermögen der Weisheit letzter Schluss?

Weber: Zum einen ist es ein guter Weg, den das Fondsstandortgesetz vor drei Jahren geschaffen hat, weil er angelehnt ist an Offene Immobilienfonds nach KAGB. Die gibt es in Deutschland seit den 1960er-Jahren. Sie sind trotz zwischenzeitlicher Marktverwerfungen fest etabliert und funktionieren im Vertrieb problemlos. Andererseits hat sich der Gesetzgeber für das Offene Infrastruktur-Sondervermögen einige Besonderheiten einfallen lassen. Es gibt Rückgabe- und Kündigungsfristen, die Immobilienfonds zwecks besserer Fristentransformation nach einigen Abwicklungen infolge der Finanzkrise zu Beginn der 2010er-Jahre auch bekommen haben. Beim Offenen Infrastruktur-Sondervermögen kommt aber noch eine Mindestliquidität in Höhe von zehn Prozent hinzu, die aktuell okay sind, aber in Phasen niedriger Zinsen die Performance belasten können.

Der Fonds

Fondsname KGAL klimaSUBSTANZ
Fondsstart 07.11.2023
Fondswährung Euro
Fondsdomizil Deutschland
Ertragsverwendung ausschüttend
ISIN DE 000 A3E RMC 9

Stand: 03.06.2024

Michael Kohl
Michael Kohl

Michael Kohl
Head of Open Investment Funds, KGAL

Diplom-Kaufmann Michael Kohl ist seit September 2022 als Head of Open Investment Funds bei der KGAL Investment Management GmbH & Co. KG zuständig für alle offenen Publikumsprodukte der KGAL-Gruppe. Zuvor war er bei der CommerzReal AG tätig.

Matthias Weber
Matthias Weber

Matthias Weber
Head of Sales Retail Business, KGAL

Matthias Weber verantwortet seit 2018 den Bereich Vertrieb der Privatkundenprodukte. Zuvor war fast zwölf Jahre bei der Commerzreal in Leitender Position im Vertrieb tätig.


Alle Fotos: Falk Heller/ARGUM

Diesen Beitrag teilen: