Die Investitionsmöglichkeiten in Bereich der künstlichen Intelligenz gehen über den Technologiesektor weit hinaus. Es ist der Beginn eines langfristigen Trends, über Sektoren und Volkswirtschaften hinweg. Zwei Experten erläutern die Hintergründe und erklären, worauf es bei Investments ankommt.
17.12.2024 | 08:15 Uhr von «Wilhelm Nordhaus»
TiAM: Ist künstliche Intelligenz eine Blase, die bald platzt?
Omar Moufti: Manche fragen sich, ob KI mit der Dotcom-Ära vergleichbar ist oder ein langfristiges Wachstumspotenzial ähnlich der industriellen Revolution hat. Im Gegensatz zur Dotcom-Blase mit unbewiesenen Modellen ähnelt KI der industriellen Revolution, die die Wirtschaft umgestaltet. Der Echtzeit-Output der KI wird sofort verbraucht, was zu einer kontinuierlichen Nachfrage führt. Dieser ständige Bedarf an neuen Ressourcen und Infrastrukturen unterstützt das langfristige Wachstumspotenzial der KI und unterstreicht, dass sie weit von einer Spekulationsblase entfernt ist.
TiAM: Welche Entwicklung erwarten Sie in diesem Bereich?
Moufti: Eine spannende! Das BlackRock Investment Institute hat drei Phasen identifiziert, um den Fortschritt der KI zu verfolgen. In der ersten Phase, die wir als Aufbauphase bezeichnen, sehen wir derzeit erhebliche Investitionen in KI-Infrastrukturen wie Rechenzentren, KI-Modelle und die dafür notwendigen Energiesysteme. Die zweite Phase, die Akzeptanzphase, steht noch am Anfang. Hier erwarten wir, dass Unternehmen die Einführung von KI für verschiedene Aufgaben, wie persönliche Assistenten und autonome Fahrzeuge, beschleunigen werden. Die dritte Phase, die Transformationsphase, ist schwer vorherzusagen, sowohl in Bezug auf Umfang als auch auf das Timing. In dieser Phase werden Unternehmen den vollen Wert der KI ausschöpfen und von Produktivitätssteigerungen sowie neuen Geschäftsmodellen profitieren.
TiAM: Herr Wang, wie arbeiten Asset-Manager und Indexanbieter wie STOXX zusammen, um Anlegern Investitionen in zukunftsträchtige Technologien wie KI zu ermöglichen?
Yang Wang: Das „STOXX Thematic Framework“ ist ein systematischer, transparenter und regelbasierter Ansatz für themenbasierte Indizes, der auch die Künstliche-Intelligenz-Wertschöpfungskette umfasst. Unter anderem werden Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen, gemessen an Einnahmen, berücksichtigt. Ebenso deren Innovationskraft, gemessen an Patenten. Dadurch gewinnen Nutzer von Indizes, einschließlich Asset-Manager, verlässliche Einblicke in ein bestimmtes Thema und dessen Potenzial.
TiAM: Wie können Anleger über die Mega-Cap-Technologien hinausgehen, um die breiteren, ungenutzten Möglichkeiten der KI für sich zu erschließen?
Moufti: Viele Anleger engagieren sich im Bereich der künstlichen Intelligenz über Techriesen, was zu einem konzentrierten Portfolio führt, in dem darüber hinausgehende Chancen übersehen werden können. Für eine gezieltere KI-Strategie ist eine gut durchdachte Allokation unerlässlich. Tony Kim, Head of Technology Investing bei BlackRock, hat den „KI-Stack“ entwickelt, um Chancen zu identifizieren. Dieser Rahmen, ein umfassender Plan für KI-Investitionen, hilft dabei, neue Chancen im sich schnell entwickelnden und transformativen KI-Bereich zu identifizieren und zu nutzen.
TiAM: Können Sie uns mehr über den „KI-Stack“ erzählen?
Moufti: Hier geht es um ein Schichtenmodell, das Tools und Technologien enthält, die notwendig sind, um KI-Anwendungen zu entwickeln, bereitzustellen und zu skalieren. Mit der zunehmenden Verbreitung von KI werden voraussichtlich immer mehr Akteure in diesem Bereich auftauchen, je weiter wir uns im „KI-Stack“ nach oben bewegen. Die erste Ebene, die Infrastruktur, umfasst Hardware, Cloud Computing und Chips, die die KI-Algorithmen antreiben. Dieser Bereich wird von einigen wenigen großen Unternehmen dominiert und zieht erhebliche Investitionen an.
TiAM: Von welchen Größenordnungen sprechen wir?
Moufti: Gemäß Schätzungen könnten die Ausgaben für KI-Infrastrukturen eine Billion US-Dollar übersteigen. Auf der nächsten Ebene des Schichtenmodells dreht sich dann alles um Intelligenz: Sie umfasst den Aufbau von KI-Modellen oder „Gehirnen“ durch die Verarbeitung riesiger Datenmengen. Obwohl es nur wenige Vorreiter gibt, die solche Modelle entwickeln, könnten diese Firmen ein schnelles Wachstum erfahren, wenn sie ihren Innovationsvorsprung bewahren. Partnerschaften wie die Investition von Microsoft in OpenAI zeigen, dass Techgiganten hier aktiv unterstützen. Schließlich kommt die Anwendungsebene, wenn die Modelle in reale Anwendungen wie virtuelle Assistenten und Automatisierungswerkzeuge integriert werden und KI in den Alltag einzieht. Nach Schätzungen des BlackRock-FE-Tech-Teams gibt es in diesem Bereich in den nächsten fünf bis zehn Jahren ein erhebliches Wachstumspotenzial.
TiAM: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Titel für einen KI-Index aus?
Wang: Im Rahmen des STOXX Thematic Framework sind Transparenz und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit die entscheidenden Faktoren bei der Zusammenstellung von KI-Indizes. In den Index kommen Unternehmen, die bereits ausschließlich oder einen wesentlichen Anteil ihrer Einnahmen aus der KI-Wertschöpfungskette generieren. Daneben wird die KI-Innovationskraft eines Unternehmens bewertet. Dieser Ansatz stellt sicher, dass die relevantesten Unternehmen aus dem Bereich künstliche Intelligenz in einen STOXX-KI-Index aufgenommen werden.
TiAM: Wie erfolgt die Berücksichtigung von Patenten?
Wang: Die Innovationskraft eines Unternehmens ist ein wesentlicher Aspekt bei der Aufnahme von Unternehmen in STOXX-KI-Indizes. Patentanmeldungen werden klassifiziert und nach ihrer Qualität, auch unter Berücksichtigung von regionalen Unterschieden und Standards, bewertet. Dieser Ansatz stellt sicher, dass auch junge und innovative Unternehmen in einen Index aufgenommen werden können. Damit werden bestimmte Mindestanforderungen bei der Beurteilung von Unternehmen erfüllt.
TiAM: Wie dynamisch beziehungsweise starr sind Indizes?
Wang: Zukunftsträchtige Themen sind von Natur aus dynamisch. Die von STOXX angebotenen KI-Indizes verfolgen die Strategie, diese Bereiche über einen regelbasierten und transparenten Ansatz nach den Kriterien „Umsatz“ und „Innovationskraft“ zu erschließen und handelbar zu machen. Unter anderem sieht das STOXX Thematic Framework vor, dass die Zusammenstellung der verschiedenen Indizes anhand transparenter Regeln regelmäßig geprüft wird, um neue Entwicklungen zu antizipieren.
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