Börsenindizes eilen zu Rekorden. Viele Vermögensverwalter schauen zu und reagieren zu spät.
18.10.2012 | 15:50 Uhr
Deutsche Bank, Bayer, Siemens: Allein mit einem ETF auf den Deutschen Aktienindex konnten Anleger seit Jahresbeginn gut 24 Prozent Wertentwicklung verbuchen. Die Gefahr, dieses Guthaben über Nacht zu verlieren, ist gering - ETFs können minütlich an den Börsen veräußert werden. Noch besser performen Aktien der zweiten Reihe: Gestern notierte der 50 Werte umfassende MDAX bei 11.556 Punkten - und damit höher als je zuvor. Ein Plus von mehr als 30 Prozent seit Anfang Januar. Einzelne Werte, oft Spitzenreiter des deutschen Mittelstands, zeigten innerhalb der vergangenen 12 Monate mehr als 100 Prozent Wertzuwachs. Viele Fondsmanager, die auf die einschlägigen Papiere gesetzt haben, brillieren mit aussergewöhnlichen Leistungen.
Statt frühzeitig zu Aktieninvestments zu raten, bestärkten viele Berater im vergangegnen Jahr Kunden zu Engagements in Wohnimmobilien, die mit Abschlusskosten von acht bis 8,5 Prozent zumindest an überteuerten Standorten nicht unbedingt zu den "Schnäppchen" gehören dürften. "Angst-Marketing", ein Phänomen, bei dem Vermögensverwalter nicht müde werden, den Teufel an die Wand zu malen, ist weit verbreitet. Propagiert werden Anlageformen wie Gold oder Ackerland. Investmentfonds und Direktinvestments mit den einschlägigen Schwerpunkten genießen aktuell Zuläufe wie selten. Das Verbreiten immer aberwitzigerer Szenarien zur Eurokrise soll dabei den Protagonisten die Aufmerksamkeit deutscher Dauer-Bären und Gewohnheits-Zauderer bringen.
Ein Beispiel von vielen ist der Hamburger Vermögensverwalter Martin Mack. Vor Honorarberatern in Mainz stellte er zu Beginn der Woche lapidar die offiziellen Statistiken der US-Behörden als fehlerhaft dar. Er selbst hingegen kenne die richtigen Zahlen. Keine Überraschung: Die hauseigenen Fonds investieren angesichts dieser globalen "Verschwörung" vornehmlich in Gold, Silber sowie in Aktien von Gold- und Silberminen.
Die fünf großen institutionellen Vermögensverwalter erscheinen da rationaler: State Street Global Advisors, BlackRock, Pimco, Allianz Global Investors und Fidelity Worldwide Investment verwalten umgerechnet fast fünf Billionen Euro weltweit. Das Wort dieser Experten hat Gewicht, sie bewegen mit ihrer geballten Finanzkraft die Märkte. Die deutsche Finanzzeitung €uro am Sonntag hat deren Experten befragt. Zwei Anlagegrundsätze lassen sich trotz aller Unterschiede ableiten:
a. Diversifikation ist wichtiger denn je
b. Risikoanlagen gehören trotz aller Krisenängste ins Portfolio.
„Wir stehen vor einer lang anhaltenden Phase mit geringem Wachstum. Sowohl der Ertrag von Aktien als auch von Anleihen wird dadurch ausgebremst“, propagiert Pimco-Chef und Anleiheguru Bill Gross und spricht von der „neuen Normalität“. Nicht nur, dass alte Grundsätze wie die geringe Korrelation zwischen bestimmten Assetklassen in den vergangenen Krisen ihre Gültigkeit verloren haben. Offen wird nun über eine Zeitenwende gesprochen. „Die Anleger müssen verstehen, dass sie in einer Phase der finanziellen Repression leben“, sagt Andreas Utermann, Anlagechef bei Allianz Global Investors. Soll heißen: Staaten greifen auch mithilfe der Notenbanken aggressiv in den Markt ein, um ihre Finanzierungskosten künstlich niedrig zu halten - zulasten von Anlegern und Sparern.
Bereits jetzt ist die Rendite sicherer Staatsanleihen wie US-Treasuries oder Bundesanleihen unterirdisch tief gesunken. Nach Zusagen wie der von Fed-Chef Ben Bernanke, die Zinsen bis mindestens 2014 auf niedrigstem Niveau zu belassen, ist in dieser Hinsicht - auch bis auf Weiteres - keine Veränderung zu erwarten. Und neue Regeln der Finanzmarktaufsicht zwingen Versicherungen, Banken oder Pensionskassen, Staatsanleihen trotz der niedrigen Zinsen gegenüber Unternehmensanleihen oder Aktien zu bevorzugen. Mit der Konsequenz, dass die Rendite in den kommenden Jahren unter der Inflationsrate liegen dürfte. Nur wer die Ertragschancen anderer Anlageklassen konsequent nutze, könne dem Niedrigrenditeumfeld etwas entgegenhalten. Zu einer langfristig erfolgreichen Strategie zählten daher in jedem Fall auch scheinbar risikobehaftete Investments. „Schwellenländeraktien gehören in jedes Portfolio“, sagt beispielsweise Rick Lacaille, Global Chief Investment Officer bei State Street Global Advisors.
Auch besser verzinste Anleihen der aufstrebenden Volkswirtschaften und Rohstoffe sollten nach Ansicht der Experten berücksichtigt werden. Dagegen hat nicht nur Lacaille sichere Häfen wie Staatsanleihen der Industriestaaten untergewichtet. Denn sogenannte Safe-Haven-Investments seien ebenfalls mit Risiken behaftet. So drohten deutschen Staatsanleihen starke Kursverluste, sollte sich die Situation in der Eurozone normalisieren. Anleger würden dann in großem Stil Mittel aus den Bunds abziehen. „Vor dem Hintergrund der Staatsschuldenkrise müssen alte Vorstellungen von Rendite und Risiko grundlegend überdacht werden“, sagt Andreas Feiden, Leiter des deutschen Privatkundengeschäfts bei Fidelity Worldwide Investment.
Alle fünf Super-Vermögensverwalter sind sich einig: Anleger dürfen sich die Chancen auf dem Aktienmarkt nicht entgehen lassen. Die Maßnahmen der EZB sollten helfen, die Märkte zu beruhigen. Zudem ist sei es unwahrscheinlich geworden, dass die Welt in eine globale Rezession gleite. Vor diesem Hintergrund erschienen Aktien auch auf Sicht der kommenden 18 Monate attraktiver.
Fidelity, Blackrock und Pimco fahren aktuell folgende Muster-Allokationen:
Quelle: €uro am Sonntag, €uro Advisor Services GmbH.
(DIF,CML)
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