Laut Gesetz dauert eine
Legislaturperiode in Italien fünf Jahre. Wirklich durchgehalten hat das in der
Vergangenheit allerdings keine italienische Regierung. In den 1990er Jahren übernahm
im Schnitt alle zwei Jahre ein neuer Ministerpräsident. Silvio Berlusconi
schaffte es zwar länger. Doch nachdem seine Ära im Jahr 2011 endgültig vorbei
war, ist der Regierungswechsel in Italien wieder in Mode gekommen. Vor drei
Tagen gab der italienische Regierungschef Giuseppe Conte nach rund einem Jahr
seinen Rücktritt bekannt. Die Koalition von Lega und Fünf-Sterne-Bewegung ist
damit beendet.
Damit sinkt das Vertrauen der
Investoren in den italienischen Markt auf einen neuen Tiefpunkt. Schließlich
steht die neue Regierung gleich vor einer großen Hürde: dem Haushaltsplan für
das nächste Jahr. Italien ist hoch verschuldet und streitet deshalb seit langem
mit der Kommission der Europäischen Union (EU). Italien ist derzeit nach
Griechenland das am stärksten verschuldete EU-Land. Die Regierung unter Conte
hatte sich deswegen dazu verpflichtet, die Mehrwertsteuer im kommenden Jahr anzuheben,
um das Staatsdefizit zu reduzieren.
Neuwahlen bergen hohes Risiko
Dieses Versprechen will nicht jeder
halten. Kommt es zu Neuwahlen, könnte die Lega die stärkste Kraft im Parlament
werden. Andrea Ianelli, Investment-Direktor beim Vermögensverwalter Fidelity,
geht davon aus, dass Lega-Chef Matteo Salvini als Wahlsieger auf
Konfrontationskurs mit der EU gehen würde. Die Rechtspopulisten lehnen die von
der EU geforderte Erhöhung der Mehrwertsteuer ab. „Dann aber müsste er an
anderer Stelle im Budget rund 23 Milliarden Euro einsparen, um das
Haushaltsdefizit in Schach zu halten“, sagt Ianelly. Die anstehenden
Haushaltsverhandlungen dürften demnach alles andere als entspannt verlaufen.
Zusätzlich drängt die Zeit. Da die Neuwahl erst Ende Oktober stattfinden
könnte, hätten die Parteien nur rund zwei Monate, um eine neue Regierung zu
bilden und den Haushalt zu verabschieden.
Der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella will darum eine Neuwahl verhindern und gibt dem Parlament so viel Zeit wie möglich, eine neue Koalition zu bilden. Aktuell sollen die Fünf-Sterne-Bewegung und die Sozialdemokraten über eine gemeinsame Regierung verhandeln. Das Hin und Her um den italienischen Haushalt und die hohe Staatsverschuldung setzen italienische Staatsanleihen unter Druck. „Wenn das Volumen der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank hinter den Erwartungen zurückbleibt, könnten die Risikoaufschläge weiter nach oben klettern“, sagt Fidelity-Direktor Iannelli. Italienische Staatsanleihen sind darum eher etwas für mutige Anleger, die einen Verlust im Zweifel verkraften können. Immerhin gibt es in Italien für das Risiko noch Zinsen, im Gegensatz zu vielen anderen Staatsanleihen aus der EU.
Italienischer Leitindex hinkt anderen hinterher
Die Vermögensverwalter von Moneyfarm sehen derweil auch Risiken auf dem Aktienmarkt. Das Bruttoinlandsprodukt Italiens stagniert seit dem Jahr 2001, und der Arbeitsmarkt kommt nicht in Schwung. Der italienische Leitindex bleibt darum seit dem Jahr 2010 hinter allen wichtigen europäischen Anleihen- und Aktienbenchmarks zurück, sagen die Analysten von Moneyfarm. Finanzberater sollten sich deswegen in Italien breit aufstellen und sich bloß nicht auf einzelne Werte verlassen, rät Moneyfarm. Es bestehe indes durchaus die Hoffnung, dass Italien den Abwärtstrend umkehrt.
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