Wie steht es um meine
finanzielle Absicherung im Alter? Für viele Menschen ist es nicht leicht,
angesichts von möglichen Ansprüchen aus gesetzlicher, privater und
betrieblicher Vorsorge bei dieser Frage den Überblick zu behalten. Auch ihre
Finanzberater sind aufgrund einer fehlenden Übersicht oft kaum in der Lage,
exakte Empfehlungen für die erforderliche Sparrate und Anlagen abzugeben. Vor
einiger Zeit versprach die Bundesregierung mit der digitalen Rentenübersicht
ein Übersichttool über die Ansprüche der Rententräger bereitzustellen. „Wir
wollen den Kenntnisstand der Bürgerinnen und Bürger über ihre eigene
Altersvorsorge verbessern“, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
„Mit der digitalen Rentenübersicht kann künftig jeder auf einen Blick sehen,
wie es um die eigene Absicherung im Alter steht.“
Bereits am 18. Februar 2021,
noch unter der Bundesregierung Angela Merkel (CDU), trat das
Rentenübersichtsgesetz in Kraft, aber erst seit dem 30. Juni dieses Jahres ist
die Digitale Rentenübersicht frei geschaltet. Allerdings befindet sich das
Online-Portal noch in einer Pilotphase, an dem aber Bürger teilnehmen und ein
Feedback abgeben können. Im Dezember 2023 soll der Regelbetrieb beginnen. Wie
vielseitig die Komponenten am Bruttoeinkommen der Senioren im Durchschnitt
sind, zeigt beispielsweise der Alterssicherungsbericht (siehe Grafik Anteil von
Komponenten am Bruttoeinkommen).
Anmeldung als hohe Zugangsbarriere
Die Nutzung des Online-Portals
ist freiwillig, kostenfrei und von jedem gängigen Internetbrowser aus
möglich. Allerdings ist zur Authentifizierung entweder ein freigeschalteter
elektronischen Personalausweis oder eine eIDKarte für Bürger der EU und des
EWR notwendig. Damit soll der Datenschutz und Datensicherheit gewährleistet
werden. Zudem ist für die Zuordnung der Altersvorsorge-Ansprüche die
steuerliche Identifikationsnummer notwendig. „Dies stellt für viele Menschen
eine hohe Zugangsbarriere dar“, kritisiert Markus Latta, Fachteamleitung
Finanzdienstleistung beim VerbraucherService Bayern im KDFB e. V. (VSB). Und er
fordert: „Es sollten auch andere Authentifizierungsverfahren wie das
Postident-Verfahren zugelassen werden.“
Die Authentifizierung mit dem
elektronischen Personalausweis oder mit der eID-Karte für Bürgerinnen und
Bürger der EU und des EWR erfolge, um den Datenschutz und die Datensicherheit
zu gewährleisten, heißt es vom Träger des Portals, der Deutschen
Rentenversicherung. „Die Zentrale Stelle für die Digitale Rentenübersicht prüft
derzeit, ob noch andere Möglichkeiten einer sicheren Authentifizierung
angeboten werden können“, so Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung.
Teilnehmende Altersvorsorge-Anbieter
Die Digitale Rentenübersicht
umfasst Anwartschaften aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten
Altersvorsorge. Die Deutsche Rentenversicherung, Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung, ist auch Betreiber des Portals. Die Bereitstellung
individueller Informationen zu den Ansprüchen aus der gesetzlichen
Rentenversicherung in der Digitalen Rentenübersicht, wie sie bereits bei der
Renteninformation ersichtlich, ist daher naheliegend. Zudem sollen Ansprüche
aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes abrufbar sein. Mit der
Teilnahme der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder Anstalt des
öffentlichen Rechts (VBL) an der Digitalen Rentenübersicht ist dies auch
weitgehend gewährleistet. Denn die VBL ist für die Beschäftigte des
öffentlichen Dienstes und den Bundesländern – nur mit Ausnahme von Hamburg und
dem Saarland – der Träger dieser Zusatzversorgung fast aller im öffentlichen
Dienst beschäftigten Mitarbeiter. Auch die geförderte private Altersvorsorge –
also die Verträge von Riester- und Rürup-Rente sowie private kapitalbildende
Lebensversicherungen mit Auszahlungsbeginn ab dem 60. Lebensjahr sowie die
Altersvorsorge-Verträge in Form von Fondssparplänen mit Auszahlungsbeginn ab
dem 60. Lebensjahr sollten in der Digitalen Rentenübersicht abrufbar sein.
Tatsächlich nehmen bislang in der Pilotphase nur ein marginaler Teil dieser
privaten Anbieter an der Plattform teil, obwohl sie die relevanten
Informationen ohnehin ihren meisten Kunden in den Standmitteilungen zusenden müssen. Versicherte, deren
Lebensversicherung nicht in der digitalen Rentenübersicht vertreten sind,
müssen die Standmitteilungen heranziehen, um ihre Vorsorgesituation und die Rentabilität ihrer Altersvorsorge zu
prüfen. Unter den Lebensversicherungsgesellschaften nehmen aktuell nur die
Württembergische Lebensversicherung, die Provinzial Leben Hannover, die
Öffentliche Lebensversicherung Sachsen Anhalt, die Öffentliche
Lebensversicherungsanstalt Oldenburg und die msg life teil. Den Marktführer,
die Allianz Leben, sucht man in der Teilnehmerliste ebenso vergeblich wie große
Lebensversicherungsgesellschaften
wie die R + V, Generali,
Debeka oder die Zürich Deutscher Herold. Nicht viel besser sieht es beim
Teilnehmerkreis der betrieblichen Altersversorgung (bAV) aus, die in
Deutschland in fünf Durchführungswege – Direktversicherung, Direktzusage,
Unterstützungskasse, Pensionskassen und Pensionsfonds – angeboten werden.
Lediglich die betriebliche Altersvorsorge von Bosch in verschiedenen Instanzen
sowie die Philips Pensionskasse sind als bAV-Träger aktuell in der Digitalen
Rentenübersicht vertreten. Unter den Fondsgesellschaften ist sogar nur die
Union Investment Privatfonds dabei. „Aufgrund der fehlenden Daten der nicht
teilnehmenden Anbieter von Altersvorsorgeprodukten erhalten aktuell nur wenige
Bürger über das digitale Rentenkonto einen aussagekräftigen Überblick ihrer
Vorsorgesituation“, kritisiert Latta. „Sämtliche Anbieter von
Altersvorsorgeverträgen sollten verpflichtet werden, ihre Daten auf Anfrage zur
Verfügung zu stellen“, so der Finanzexperte der Verbraucherorganisation VSB. Schließlich
sollten auch Vorsorgeverträge von ausländischen Anbietern berücksichtigt
werden, berücksichtigt werden, da diese ebenfalls auf dem deutschen Markt
vertreten seien.
Weitere Anbieter im Anbindungsprozess
„Derzeit entscheiden die verschiedenen
Vorsorgeeinrichtungen noch selbst, ob sie (freiwillig) an der Digitalen Rentenübersicht
teilnehmen“, erklärt Manthey das noch sehr übersichtliche Angebot. Allerdings
ist eine Erweiterung des Anbieterkreises bereits absehbar. „Eine Vielzahl von
Anbietern von Altersvorsorge-Produkten befindet sich bereits im
Anbindungsprozess. Nach erfolgreichen Verbindungstests werden diese sukzessive
in das Live-System eingespielt und stehen den Nutzenden des Portals dann zur
Verfügung“, erläutert der Experte der Deutschen Rentenversicherung. Im
Übrigen sei die Möglichkeit, Altersvorsorgeeinrichtungen, die ihren Kundinnen
und Kunden regelmäßig Standmitteilungen zur Verfügung stellen müssen, zur
Teilnahme zu verpflichten, im Rentenübersichtsgesetz bereits angelegt. „An
einer
entsprechenden Verordnung wird aktuell gearbeitet“, so Manthey.
Ganze Berufsfelder können Vorsorgeansprüche nicht
abrufen
Beamten und Angehörige
berufständischen Versorgungswerke wie Ärzte, Apotheker, Architekten, Notare,
Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Zahnärzte suchen allerdings in der
digitalen Rentenversicherung vergeblich ihre Rentenansprüche. „Aktuell bildet
das Online-Portal noch nicht alle Formen der Altersvorsorge
ab. Dies betrifft beispielsweise die Altersversorgung der Beamtinnen und
Beamten und Ansprüche bei den berufsständischen Versorgungswerken“, bestätigt
Dirk Manthey von der Deutschen Rentenversicherung. „Dort erworbene Ansprüche
werden zunächst nicht in der Digitalen Rentenübersicht dargestellt, diesen
Institutionen ist aber selbstverständlich die freiwillige Anbindung möglich.“
Für Einordnung der Daten professionelle Finanzberater
hilfreich
Auch wer seine Ansprüche
seiner Altersvorsorgeträger in der digitalen Rentenübersicht abfragen kann,
erhält damit noch nicht die für ihn verfügbare Alterseinkommen. Denn Steuern
und Sozialabgaben sind in der Rentenübersicht
nicht berücksichtigt. Je nach Rentenart und persönliche Situation werden diese
jedoch sehr unterschiedlich besteuert und beispielsweise mit Beiträgen für die
gesetzliche Krankenversicherung belastet. Die gesetzliche Regelung sieht zudem
allein die Einbeziehung von Renten und Zahlungen vor, die eindeutig der
Altersvorsorge dienen oder typischerweise dafür genutzt werden. „Im Ruhestand
fließen vielen Bundesbürgern allerdings auch andere Einkommen wie aus Kapital-
oder Immobilienvermögen zu. Diese sollten die Nutzer wenigstens durch
individuelle Eingabe berücksichtigen können“, kritisiert Markus Latta von der
Verbraucherorganisation VSB. Die Daten aus der digitalen Rentenübersicht bedürfen
daher oft
einer Ergänzung aus anderen
Vermögensquellen sowie die Berücksichtigung der jeweiligen Steuer- und
Abgabesituation, die sich für viele Menschen oft nur mithilfe professioneller
Finanzberater berechnen lässt. Eine persönliche Beratung bietet die Zentrale
Stelle für die Digitale Rentenübersicht aber nicht an.
Wer sich hinsichtlich Ihrer Altersvorsorge
beraten lassen will, kann aber immerhin die Daten des Online-Portals
exportieren und für ein Beratungsgespräch mit Verbraucher-Beratungsstelle
oder etwa mit einem Honorarberater
nutzen. Trotz der Zugangsbarrieren ist das Interesse an dem Portal seit der
Freischaltung Ende Juni 2023 enorm. „Aktuell haben sich rund 95000 Nutzende im
Portal der Digitalen Rentenübersicht registriert“, so Manthey. Ein großes
Interesse erhöht den Druck, dass die noch nicht vertretenen Anbieter an der
Digitalen Rentenübersicht ebenfalls teilnehmen.
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