Eine aktuelle Studie des Analysehauses FondsConsult zeigt, wie sich die digitalen Vermögensverwalter im schwierigen Marktumfeld schlagen. Zu den Gewinnern und Verlierern ein Interview mit FondsConsult-Geschäftsführer Rüdiger Sälzle.
17.05.2023 | 14:15 Uhr von «Peter Gewalt»
TiAM FundResearch: Herr Sälzle, welche unterschiedlichen Robo-Advisor-Typen haben Sie getestet?
Rüdiger Sälzle: Wir haben insgesamt 21 Anbieter getestet. Konkret haben wir einen umfassenden Produkt- und Konditionenvergleich sowie eine quantitative Bewertung der erzielten Renditen vor Kosten unter Berücksichtigung der eingegangenen Risiken vorgenommen. Das Ganze wurde dann in eine abschließende Gesamtbewertung mit Stärken- und Schwächenprofil überführt.
Nach welchen Kriterien wurden die Robo-Advisor unter die Lupe genommen?
Wie bereits in den Vorjahren betrachten wir in dieser Studie
die Robo-Advisor Strategien detailliert von zwei Seiten, die in der
abschließenden Gesamtbewertung je hälftig gewichtet werden.: Fundamental
(qualitativ) und zahlenbasiert (quantitativ). Im Rahmen der eingehenden
qualitativen Analyse der einzelnen Strategien haben wir die Gesellschaft, das
Portfolio- und Risikomanagement, die Anlegerprofilierung sowie die
Kostenstruktur nach einem Scoringverfahren beurteilt. Im Rahmen der
quantitativen Analyse wurden die einzelnen Produktangebote wurden dann in vier
Risikoklassen aufgeteilt.
Alle Anbieter mit mindestens drei Jahren Track Record werden
auf Basis der risikoadjustierten Performance bewertet. Liegt eine ESG-Variante
mit entsprechendem Track Rekord vor, wird diese seit 2022 berücksichtigt.
Wie haben sich denn die Robo-Advisor in 2022 denn insgesamt geschlagen?
Dem schwierigen Marktumfeld konnten sich auch Anbieter digitaler Anlagestrategien nicht entziehen, was sich in der Performanceentwicklung einerseits und leichten Volumensrückgängen andererseits niedergeschlagen hat. Die gesamtverwalteten Assets sind von 11,5 Milliarden Euro im Vorjahr auf aktuell ca. 10,5 Milliarden Euro gesunken.
In der qualitativen Analyse fällt auf, dass die Professionalisierung der Branche weiter voranschreitet und sich die Ergebnisse der Anbieter hinsichtlich des Produktangebots und des Portfolio- und Risikomanagements weiter angleichen.
Testsieger ist in diesem Jahr VisualVest, der Robo Advisor der Genossenschaftsbanken, dessen künstliche Intelligenz Malina vor allem in den offensiveren Strategien langfristig das Kapital vermehrt und im schwierigen Jahr 2022 die Kundengelder besser als andere vor hohen Verlusten geschützt hat.
Gibt es Ausreißer nach oben und nach unten?
quirion hat als einziger Anbieter mit 1,0 die qualitative Bestnote erhalten. In der quantitativen Auswertung, die neben der 1- und 3- Jahres Performance auch das dafür eingegangene Risiko bewertet, konnten sich erneut zwei der Vorjahresgewinner mit der Bestnote 1,3 platzieren und überzeugen gleichzeitig mit einer hohen Kontinuität: Solidvest und Minveo.
Enttäuscht hat dagegen auf beiden Seiten - qualitativ wie quantitativ gleichermaßen - Estably mit hohen Verlusten in allen Strategien und einer nur rudimentären Umsetzung von ESG. Wir möchten an dieser Stelle jedoch ausdrücklich jeden der hier getesteten Anbieter positiv hervorheben, die auch in schwierigen Märkten weiterhin Zahlen und Daten bereitgestellt haben, wo andere Marktteilnehmer eine "Pause" einlegten. Ebenfalls am Ende der Rangliste findet sich die digitalisierte Private Banking - Expertise von Warburg Invest, die sowohl bei der Wahl der Anleihen als auch bei der Aktien- und Themenselektion ihre Herausforderungen hatte. Auch Fidelity Wealth Expert findet sich zum wiederholten Male am Ende der Tabelle.
Welche neuen Trends und Herausforderungen in der Branche haben Sie festgestellt?
Neben den bereits beschriebenen Entwicklungen, stehen im Jahre 2023 weiter Herausforderungen im Fokus der Robo-Advisor. Die aktuellen Krisen sind alles andere als gelöst und auch 2023 wird es entscheidend sein, einer klaren Strategie zu folgen, um mit volatilen Märkten umzugehen. Dass beide Wege zum Ziel führen können - der eines sehr aktiven Managements, als auch eine gut strukturierte Buy-and-Hold-Strategie, zeigen die Ergebnisse der letzten drei Jahre.
Schlussendlich wird weiterhin der wachsende Fokus rund um das Thema Nachhaltigkeit und vor allem die weiter steigenden regulatorischen Anforderungen eine der großen Herausforderungen im Jahre 2023 sein.
Was hat Sie besonders überrascht?
Überrascht hat uns, dass es im Rahmen der qualitativen Beurteilung kaum negative Ausreißer gibt, auch wenn viele in diesem Jahr ihre Kapazitäten weniger in den Ausbau neuer Technologien als mehr in die Umsetzung von Regulatorik und - bedingt durch die Marktentwicklung - in die (verbesserte) Kommunikation mit den Kunden investierten.
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