Rohstoff-ETFs bieten Anlegern die Möglichkeit, ihr Portfolio zu diversifizieren. Sie sollten die Rohstoff-Gewichtungen in den zugrunde liegenden Indizes der ETFs jedoch gut prüfen.
21.08.2024 | 06:30 Uhr
Wenn Kunden von sich aus nach Rohstoff-Investments fragen, haben Anlageberater eine herausfordernde Aufgabe vor sich. Denn der Rohstoffhandel ist eine komplexe Angelegenheit. Und die Funktionsweise von Rohstoff-ETFs und den Unterschied zu Rohstoff-ETCs kann man auch nicht in einem Zehn-Minuten-Telefonat erklären. Da Rohstoff-Investments maximal nur als Beimischung und als Teil einer breiteren Diversifikation im Portfolio eingesetzt werden sollten, müssen Finanzberater zudem sehr gut kalkulieren, ob sich eine umfangreichere Beratung zu diesem Thema lohnt. Dazu kommt ein weiterer Punkt: Im Rahmen eines langfristigen Vermögensaufbaus können Rohstoffe zwar in bestimmten Marktphasen einen Beitrag leisten. Doch die passenden Produkte dafür zu finden, ist herausfordernd.
Das liegt unter anderem an der Besonderheit des Handels mit dieser Anlageklasse und der speziellen Finanzinstrumente, mit denen Rohstoffe verbrieft werden: Der Rohstoffmarkt ist ein Terminmarkt. Anleger, die in Rohstoffe investieren wollen, haben die Auswahl zwischen Rohstoff-ETFs (Exchange Traded Funds) und Rohstoff-ETCs (Exchange Traded Commodities). Rohstoff-ETFs können in mehrere Rohstoffe gleichzeitig investieren. Die meisten Rohstoff-ETFs bilden mithilfe von Derivaten einen Index ab, der mehrere Rohstoffe wie Öl, Gold, Kupfer, Weizen und andere umfasst. Rohstoff-ETFs können zwar auch in Unternehmen investieren, die in der Rohstoffproduktion tätig sind. Doch das ist ein anderes Thema, das an dieser Stelle nicht vertieft wird.
Rohstoff-ETCs sind in der Regel auf einen einzelnen Rohstoff oder eine kleine Gruppe von Rohstoffen fokussiert. Meistens handelt es sich dabei um Edel- oder Industriemetalle. Zum Beispiel gibt es Gold-ETCs, die den Goldpreis 1:1 abbilden, oder Palladium-ETCs, die die Preisentwicklung von Palladium nachbilden. Sie bieten daher eine direktere Exponierung gegenüber dem Preis eines bestimmten Rohstoffs, sind aber weniger diversifiziert als ETFs. Ein weiterer Unterschied zu Rohstoff-ETFs besteht darin, dass manche ETCs tatsächlich die Rohstoffe kaufen und lagern. Vorteil: Anleger können davon ausgehen, dass die verbrieften Werte tatsächlich physisch vorhanden sind. Nachteil: Die Lagerkosten für die Rohstoffe nagen an der Performance.
Der klassische Weg, mit Hilfe von ETFs die Anlageklasse Rohstoffe ins Depot zu holen, sieht in der Praxis so aus, dass Anleger in ETFs investieren, deren Kursentwicklung Rohstoff-Indizes folgt. Die Indizes setzen sich aus verbrieften Futures-Kontrakten auf die betreffenden Rohstoffe zusammen. Diese Kontrakte laufen monatlich aus. Sie müssen vor dem jeweiligen Laufzeitende verkauft werden. Der Erlös daraus wird wieder in die nächsten folgenden Terminkontrakte investiert. Diese Kontrakte können günstiger sein, sind aber oftmals teurer als die auslaufenden Kontrakte. Der Effekt: Fürs gleiche Geld stecken im Index – und damit im ETF – langfristig immer weniger Anteile. Das bedeutet de facto einen Wertverlust für die Investoren. Rohstoff-ETFs können im Laufe der Zeit sogar dann an Wert verlieren, wenn der Preis für die betreffenden Rohstoffe steigt. Schon allein aus diesem Grund sind Rohstoff-Investments als Instrument zur langfristigen Kapitalanlage ungeeignet.
Ein Rohstoff-ETF kann jedoch in einer bestimmten Marktphase einen positiven Beitrag im Wertpapierdepot des Kunden leisten. Dafür müssen Berater allerdings sehr genau auf die Zusammensetzung des jeweiligen ETF-Portfolios achten. Die Gewichtung der einzelnen Rohstoffe sollte möglichst gut zur aktuellen Marktsituation passen. Der erste Schritt ist deshalb ein Blick auf die jüngsten Performance-Zahlen, die ein Gefühl dafür geben, in welche Richtung sich der Markt gerade bewegt. Vergangene Entwicklungen sind zwar naturgemäß keine Empfehlung für die Zukunft. Doch Rohstoff-Trends sind mittel- bis langfristig zu betrachten. Denn sie folgen in der Regel Konjunkturzyklen.
Klassisches Beispiel dafür ist der Kupferpreis. Kupfer ist nach Eisen und Aluminium das Metall mit dem dritthöchsten Verbrauch. Boomt die Weltwirtschaft, steigt der Kupferpreis. Faustregel: Wenn die Industrieproduktion um ein Prozent steigt, nimmt die Nachfrage nach Kupfer um 0,8 Prozent zu. Umgekehrt gilt jedoch auch, dass der Kupferpreis sehr sensibel auf Konjunkturprognosen reagiert und sehr schnell fallen kann, wenn die Weltwirtschaft auch nur leicht an Dynamik verliert. Das war in den vergangenen Monaten der Fall. Der Kupferpreis hat zuletzt deutlich nachgegeben. Grund dafür waren Konjunktursorgen, aber auch ein Ende des Hypes um Elektromobilität und KI. Rohstoff-ETFs, die einen hohen Kupferanteil im zugrunde liegenden Index und damit im ETF-Portfolio haben, sind entsprechend konjunktursensibel.
Greifen Emittenten von Rohstoff-ETFs auf Standard-Rohstoff-Indizes zurück, können Berater die Zusammensetzung relativ leicht überprüfen. Manche Anbieter kreieren jedoch eigene Indizes, um Lizenzkosten zu sparen. Um die konkrete Gewichtung der Rohstoffkomponenten im Index herauszubekommen, muss man sich an die Emittenten wenden. Die Factsheets geben in der Regel nicht viel her. Ein Beispiel dafür liefert ausgerechnet der UBS (Irl) Fund Solutions plc - CMCI Commodity Carry Ex-Agriculture SF UCITS ETF, der das Performanceranking der Rohstoff-ETFs im laufenden Jahr anführt. Den zugrunde liegenden Index beschreibt die UBS in ihrem Factsheet so: „Der Index wurde entwickelt, um Anlegern eine Enhanced-Beta-Rohstoffstrategie zur Maximierung der Rollerträge zu bieten. Er umfasst eine Long-Position im CMCI BCOM Index und eine Short-Position im BCOM Index, ohne Edelmetalle, Agrarprodukte und Nutzvieh, sowie einen Hebel von 2,5“. Man kann sich also nur ein ungefähres Bild über den Index machen. Immerhin scheint das Rezept nicht nur in diesem Jahr erfolgreich zu sein. Der ETF führt das Feld auch in Jahres- und Dreijahresranking klar an.
Ein weiteres Beispiel: Der BNP Paribas Energy & Metals Enhanced Roll ETF greift auf einen gleichnamigen Index zurück. Immerhin werden im Factsheet die zehn größten Positionen der insgesamt 13 Bestandteile aufgelistet. Der Index bietet Zugang zu Rohstoffen aus den Kategorien Edelmetalle, Industriemetalle und Energie – eine Zusammensetzung, die im Wesentlichen auch bei vielen anderen Rohstoff-ETFs zu finden ist.
Wer eine breitere Diversifikation sucht, findet diese unter anderem beim Market Access Rogers International Commodity UCITS ETF. Die Gewichtung im zugrunde liegenden RIC-Index orientiert sich am weltweitem Verbrauch der einzelnen Rohstoffe und an deren Markt-Liquidität. Öl, Gold, Gas und Weizen sind derzeit die größten Positionen im Index – und damit auch im betreffenden ETF.
Fazit: Mit Hilfe von Rohstoff-ETFs können Anleger ihre Portfolios breiter diversifizieren. Anlageberater sollten privaten Investoren, die von Preisbewegungen an den Terminmärkten profitieren wollen, jedoch die Zusammenhänge genau erklären. Konkrete Produktempfehlungen sollten nur dann erfolgen, wenn die Berater den Eindruck gewinnen, dass die Kunden genau verstehen, was Rohstoff-Investments bedeuten und bewirken können. Mit den passenden Produkten lassen sich dann positive Effekte erzielen. Als langfristige Investments, die man kauft und dann unbeobachtet im Depot liegen lassen kann, taugen Rohstoff-ETFs jedoch nicht.
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