Die asiatischen Schwellenländer verfügen über eine junge Bevölkerung, und der Wohlstand nimmt stetig zu. Das dürfte die Kauflaune ankurbeln – und Sektoren, die davon profitieren, für Anleger interessant machen
01.10.2024 | 07:15 Uhr von «J. Garcia und J. He»
Die Schwellenländer sind die Wachstumsmotoren der Weltwirtschaft: Für 2024 rechnet der Internationale Währungsfonds (IWF) für die Ländergruppe mit einem Wachstum von 4,2 Prozent. Für die entwickelten Volkswirtschaften prognostizieren die Experten lediglich ein Plus in Höhe von 1,7 Prozent.
Die höchste Drehzahl unter den aufstrebenden Ländern hatte lange Zeit China. Derzeit schwächelt die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt jedoch – und wurde von Indien überholt: 2023 hat die indische Wirtschaft gemäß IWF um 7,8 Prozent zugelegt. China wies lediglich ein Konjunkturplus in Höhe von 5,2 Prozent auf. Für dieses Jahr erwartet der IWF für Indien 6,8 Prozent Wachstum und für China 4,6 Prozent. Damit bietet der Subkontinent interessante Investmentmöglichkeiten – zumal der Ausblick auch längerfristig positiv ist. Dafür sprechen der wachsende Wohlstand und die damit einhergehende steigende Kauflaune. Das gilt nicht nur für Indien, sondern auch für andere bedeutende asiatische Schwellenländer wie die Philippinen und Indonesien.
Konsum abseits des täglichen Bedarfs
Der Wohlstand nimmt in Asien rasant zu. In Indien beispielsweise hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf bereits die Marke von 2000 US-Dollar überschritten. Historisch betrachtet verschieben sich von diesem Moment an die Konsumgewohnheiten: Das zusätzliche Einkommen wird verstärkt für Güter und Dienstleistungen jenseits des täglichen Bedarfs ausgegeben. Aktuell machen Lebensmittel mehr als 40 Prozent der jährlichen Haushaltsausgaben in Indien aus. Das ist einer der höchsten Werte weltweit. Während sich das BIP pro Kopf bis zum Jahr 2031 in Richtung 5000 US-Dollar bewegt, wird sich der Anteil der Ausgaben voraussichtlich immer stärker in den Non-Food-Bereich verlagern.
Der Ende Juli veröffentlichte Haushaltsplan der mittlerweile dritten Regierung unter Premierminister Narendra Modi dürfte zusätzlich den Konsum und damit auch die Konjunktur in Indien stützen. Um die Beschäftigung und den Konsum zu stärken, liegt ein starker Fokus auf dem Arbeitsmarkt. Die Regierung hat ein Maßnahmenpaket mit fünf Programmen und Initiativen angekündigt, um 41 Millionen Jugendliche über einen Zeitraum von fünf Jahren auszubilden beziehungsweise in Beschäftigung zu bringen. Dafür werden zentral rund zwei Billionen Rupien (umgerechnet rund 22 Milliarden Euro) bereitgestellt. Dieses Fiskaljahr sind circa 1,48 Billionen Rupien (16 Milliarden Euro) für Bildung, Gesundheit und Qualifizierung vorgesehen. In Kombination mit der Anpassung der Einkommensteuertarife und der Erhöhung des Standardabzugs sollte dies den Konsum stützen.
Was ebenfalls für steigende Kauflaune sorgen dürfte, ist die Bevölkerungsstruktur – und das nicht nur in Indien. Dort liegt das Durchschnittsalter bei 28 Jahren. Aber auch die Philippinen mit einem Durchschnittsalter von 24,7 Jahren oder Indonesien, dessen 275 Millionen Einwohner im Schnitt 29,6 Jahre alt sind, verfügen über eine sehr junge Bevölkerung. Zum Vergleich: In Deutschland lag der Altersschnitt nach Angaben der World Bank 2023 bei stolzen 45 Jahren.
Junge Menschen sind konsumfreudiger als der ältere Teil der Bevölkerung und geben meist einen größeren Teil ihres Einkommens aus. Die mehr als eine Milliarde junge Leute in Asien wollen reisen, brauchen Bildung sowie Bankkonten und sind potenzielle Nutzer sozialer Medien. Bereits jetzt sind dort über zwei Milliarden Menschen online – mehr als anderswo auf der Welt. Nicht nur deshalb ist die Region führend bei E-Commerce-Innovationen und Social Media. All dies deutet in Verbindung mit steigendem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf auf einen starken Anstieg des Konsums in den kommenden Jahren hin.
Neben der jungen Bevölkerung spricht auch die geringe Verschuldung für Aufwärtspotenzial im Konsumbereich. Insbesondere in Indonesien sind Haushalte, Unternehmen und Staat nur in geringem Maße verschuldet. In Indien und auf den Philippinen ist die Schuldenquote im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung ebenfalls niedrig. Das lässt steigende Ausgaben erwarten. In der Vergangenheit haben solche geringen Verbindlichkeiten darauf hingedeutet, dass die Verbraucher noch viel Spielraum haben, ihren Konsum zu erhöhen und ihre Verschuldung auszuweiten – ohne den Finanzsektor übermäßig zu belasten.
Interessante Investmentziele
Wir bevorzugen für unserenBerenberg Emerging Asia Focus Fund qualitativ hochwertige Unternehmen, die von diesem durch Demografie und gesellschaftlichen Wandel getriebenen Konsum-Megatrend überdurchschnittlich stark profitieren sollten. Rund 43 Prozent des Portfolios sind diesem Bereich zuzuordnen.
Gut positioniert, um vom wachsenden Konsum in Asien profitieren zu können, ist beispielsweise das indische Reiseunternehmen MakeMyTrip. Dabei handelt es sich um die größte Online-Reisebuchungsplattform in Indien mit einem Marktanteil von rund 45 Prozent. Das Unternehmen sollte langfristig von den mit steigendem verfügbaren Einkommen zunehmenden Reiseausgaben der indischen Haushalte profitieren. Ebenfalls interessant scheint der indische Automobilhersteller Mahindra & Mahindra. Das 1947 gegründete Unternehmen produziert SUVs, Pick-ups, Nutzfahrzeuge, Elektrofahrzeuge, Traktoren und Baumaschinen. Im Traktor- und Landwirtschaftssegment ist es mit einem Marktanteil von rund 40 Prozent Marktführer und weist eine hohe Rentabilität auf. Dank des neuen SUV-Schwerpunkts profitiert es von den aktuellen Präferenzen der Verbraucher und mit den Elektrofahrzeugen vom Aufschwung der E-Mobilität in Indien.
Außerhalb Indiens finden wir das indonesische Einzelhandelsunternehmen
Mitra Adiperkasa spannend, den führenden Lifestyle-Einzelhändler im Land mit über
3200 Einzelhandelsgeschäften. Das breit gefächerte Portfolio umfasst Sport, Mode,
Kaufhäuser, Spezialgeschäfte, Gastronomie und Lifestyle-Produkte. Das Unternehmen
hält exklusive Vertriebsrechte für viele Marken. Im Portfolio sind unter anderem
Zara, Massimo Dutti, Footlocker, Reebok, Starbucks und Subway vertreten. Es profitiert
von den steigenden verfügbaren Einkommen und der wachsenden Mittelschicht
nicht nur in Indonesien, sondern langfristig auch in anderen südasiatischen Ländern.
Mit dem zunehmenden Wohlstand steigt auch das Gesundheitsbewusstsein. Davon könnte Bangkok Dusit Medical Services in Thailand profitieren. Das 1969 gegründete Unternehmen verwaltet Krankenhäuser und Wellnesskliniken.
Thailands größte private Krankenhausgruppe ist als Experte für die Behandlung einer Vielzahl von Leiden und Krankheiten anerkannt – von Wellness und Prävention bis hin zu fortgeschrittener Tertiärversorgung. Neben einheimischen zieht sie auch internationale Patienten an, die wegen der erweiterten privaten Gesundheitsdienstleistungen nach Thailand reisen.
Für Anleger bietet Asien im Zuge des wachsenden Wohlstands daher zahlreiche interessante Investmentmöglichkeiten in ganz unterschiedlichen Bereichen.
Diesen Beitrag teilen: