Experten sehen staatliche Hilfen für Corona-geschädigte Konzerne eher kritisch. Vor allem pauschale Anreize für Autos fallen durch.
22.05.2020 | 14:41 Uhr von «Wolfgang Ehrensberger»
Die Verhandlungen über Staatshilfen für die von der Corona-Krise gebeutelten Branchen Auto und Luftfahrt ziehen sich in die Länge.
Vor allem bei der Lufthansa streiten die Regierungsparteien über die richtigen Mittel und den künftigen Staatseinfluss. Auch steht in Brüssel noch die Genehmigung für Hilfen des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) aus. Dagegen haben Frankreich und die Niederlande bereits ein in Brüssel abgesegnetes Zehn-Milliarden-Euro-Paket für die Airline Air France-KLM auf den Weg gebracht, an der der französische Staat 14 Prozent hält.
Bei der Lufthansa wird dagegen noch heftig diskutiert über einen Mix aus einem 3,5-Milliarden-KfW-Kredit, einer stillen Beteiligung über 5,5 Milliarden Euro und direkten Eigenkapitalhilfen. Eine ins Spiel gebrachte direkte Kapitalbeteiligung von 25 Prozent mit Sperrminorität stößt mittlerweile auf überwiegende Ablehnung. Bei den Hilfen für Autokonzerne wie BMW, Daimler oder Volkswagen geht es im Kern darum, ob der Kauf von Autos pauschal gefördert werden soll oder nur umweltfreundliche Technologien.
In der Mai-Umfrage des Ökonomen-Barometers von €uro am Sonntag haben sich lediglich zehn Prozent der befragten Volkswirte für eine staatliche Kaufprämie für Neufahrzeuge ausgesprochen. Für eine Prämie für Elektroautos können sich immerhin noch 21 Prozent erwärmen. 49 Prozent lehnen dagegen auf bestimmte Branchen bezogene Hilfen generell ab. Einer „Abwrackprämie“, wie sie nach der Finanzkrise 2009 zum Einsatz kam, stehen sogar 82 Prozent der Befragten kritisch gegenüber.
Die Lufthansa wiederum sollte nach Meinung der führenden Volkswirte am besten über eine stille Beteiligung ohne Stimmrecht gerettet werden — dafür sprechen sich 49 Prozent der Teilnehmer aus. Staatlich verbürgte Kredite befürworten immerhin noch 34 Prozent. Eine 25-Prozent-Beteiligung mit Sperrminorität des Staats und entsprechendem Einfluss halten 26 Prozent für sinnvoll. 38 Prozent der Ökonomen wiederum plädieren dafür, dass sich der Staat grundsätzlich aus Unternehmensentscheidungen heraushalten sollte. Die Lufthansa sollte insbesondere nicht zu einer zweiten Bahn werden —und der Staat sich vor allem aus Themen wie Streckennetz oder Tarifverhandlungen heraushalten.
Wenn Konzerne staatliche Hilfen, zum Beispiel auch über Förderkredite der KfW oder Kurzarbeit, in Anspruch nehmen, dann sollte es nach Meinung der Ökonomen nur zwei Auflagen geben: Die Dividende sollte für die Dauer der Unterstützung gestrichen werden (69 Prozent Zustimmung), und die Vorstandsgehälter sollten gedeckelt werden (54 Prozent). Für Verzicht auf Personalabbau sind neun Prozent, für gar keine Auflagen zehn Prozent.
Das Thema Staatshilfen sorgt auch unter den führenden Volkswirten für kontroverse Diskussionen. Der Potsdamer Ökonom Wilfried Fuhrmann etwa lehnt Staatshilfen für die Autoindustrie generell ab. Viel Unterstützung bekommt die Branche auch von anderen Teilnehmern der Umfrage nicht. Immer wieder werden gerade den Autokonzernen gravierende Managementfehler vorgeworfen.
Anders verhält es sich bei der Lufthansa, die bis Anfang 2020 gut aufgestellt gewesen sei und ohne eigenes Verschulden durch staatliche Beschränkungen in die Krise gestürzt sei.
„Eine stille Beteiligung scheint angemessen“, sagt Bantleon-Chefvolkswirt Daniel Hartmann. Pragmatisch sieht es Juergen B. Donges von der Uni Köln. Wenn die Lufthansa direkte Staatshilfen in Form einer Kapitalbeteiligung wolle, „dann wird die Bundesregierung Stimmrecht und Einfluss auf Unternehmensentscheidungen beanspruchen“, sagt Donges. Nach Einschätzung von Till Requate (Uni Kiel) ist das Hauptproblem, „dass auch andere Staaten ihren Airlines helfen und wir uns in einem Subventionswettbewerb befinden“.
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