Börsengehandelte Fonds (ETFs) gehören zu den erfolgreichsten
Innovationen der Finanzbranche. Ein
Grund für diesen Erfolg ist sicher der im Vergleich zu aktiven Fonds
verhältnismäßig unkomplizierte Auswahlprozess. Da der wesentliche
Performancetreiber eines ETF der von ihm abgebildete Index ist, sind
Fondsmanagement oder die Fondsausgestaltung für den Anlageerfolg allenfalls von
sekundärer Bedeutung. Bei aktiv gesteuerten Fonds ist dagegen eine aufwendigere
Analyse der Anlagestrategie und des Fondsmanagements Pflicht.
Doch auch bei ETFs wird die Entscheidung für den richtigen
Fonds zunehmend komplizierter. Seit einigen Jahren folgen neu aufgelegte ETFs
immer öfter nicht mehr einem bekannten Index, sondern bilden ihren eigenen
(Themen-)Index ab. In der Regel wird dabei sogar sektor- und länderübergreifend
investiert. Die Idee dahinter: Anlegern soll ein einfacher und preiswerter Zugang
zu einem Anlagethema geboten werden, das besonders aussichtsreich erscheint.
Doch solche Themen-ETFs sind aufgrund verschiedener Aspekte nicht
unproblematisch.
Thematische Investments als solches sind nichts Neues.
Bereits 1948 wurde mit dem „Television Fund“ der erste thematische Fonds
lanciert. „Die Produktkategorie wurde jedoch erst durch ETFs ein wirklich
bedeutendes Phänomen“, sagt Stephan Kemper, Teammanager am Advisory Desk bei
BNP Paribas Wealth Management in Frankfurt. Vor allem würden ETFs von ihren
Kostenvorteilen profitieren. Weil Auflegung und Management vergleichsweise
günstig seien, könnten selbst Fonds mit verhältnismäßig niedrigem Vermögen noch
wirtschaftlich angeboten werden.
In den vergangenen Jahren gab es einen regelrechten Boom der
Themen-ETFs. Entsprechend groß ist nun das Angebot. Oft können Investoren beim
selben Thema unter ETFs verschiedener Anbieter wählen. Gerade bei populären
Themen gibt es oft fünf oder mehr ETFs.
Großes Angebot
Auf den ersten Blick ist das kein Unterschied zu
„klassischen“ Index-ETFs. Auch in diesem Bereich bieten regelmäßig mehrere
Anbieter einen ETF auf denselben Index an. „Doch im Gegensatz zu den ETFs auf
einen klassischen Index gibt es bei der Zusammensetzung der Themen-ETFs große
Unterschiede, die sich letztendlich in Rendite und Risiko des jeweiligen
Themen-ETF niederschlagen“, erklärt BNP-Paribas-ETF-Spezialist Kemper.
Besonders deutlich werden die Unterschiede beim Thema Clean
Energy. Zwischen Ende Juni 2021 und Mitte Mai 2023 betrug der
Performanceunterschied zwischen dem Clean-Energy-ETF mit der besten und dem mit
der schlechtesten Kursentwicklung mehr als 20 Prozent. Auch zeigt sich,
dass weder der ETF mit der besten noch der mit der schlechtesten Entwicklung
ein Ausreißer in die eine oder andere Richtung ist. Vielmehr reihen sich die
übrigen ETFs mit ihrer Kursentwicklung nahezu gleichmäßig verteilt zwischen
Spitze und roter Laterne ein.
Doch warum entwickeln sich die Themen-ETFs so
unterschiedlich? Der Grund: Es gibt keine verbindliche Definition der Themen.
Das hat zur Folge, dass die überwiegende Mehrzahl der thematischen ETFs einen
exklusiv für diesen ETF kreierten Index abbilden – und zwischen diesen Indizes
bestehen gravierende Unterschiede, vor allem hinsichtlich der Auswahlkriterien
und der Untergrenze der für das Thema relevanten Umsätze einer Firma. „Bei
einigen ETFs reicht es, wenn ein Unternehmen zehn Prozent seiner Umsätze im
jeweiligen Geschäftsbereich beziehungsweise Anlagethema macht. Andere fordern
50 Prozent oder mehr“, berichtet Kemper.
Aus diesen Grenzen ergebe sich oft zwangsläufig ein
Unterschied in der Größe der im Index enthaltenen Unternehmen. Denn je mehr
Umsätze ein Unternehmen in einem speziellen Segment macht, desto geringer ist
häufig auch seine Marktkapitalisierung. „Diese Faktoren wirken sich maßgeblich
auf die Eigenschaften des Themenindex aus, auf sein Verhalten in
unterschiedlichen Marktphasen und auch auf die Volatilität“, erklärt Kemper.
Vor allem aber führt dies dazu, dass die Themen-ETFs –
trotz nahezu identischer Namen – kaum miteinander vergleichbar sind.
Beispiel Clean Energy: Unter den Top-Ten-Holdings der fünf ETFs zu diesem
Thema gibt es so gut wie keine Überschneidungen. „Aufgrund dieser Diversität
in der Konstruktion sollte man die Produkte nicht pauschal als gut oder
schlecht einsortieren“, befindet Kemper. Es sei jedoch wichtig, sich in
Erinnerung zu rufen, dass Märkte in unterschiedlichen Phasen von unterschiedlichen
Faktoren angetrieben oder ausgebremst werden.
Schwierige Auswahl
Die Selektion thematischer ETFs ist somit deutlich
komplexer, als es auf den ersten Blick erscheint. „Die Suche nach dem richtigen
Themen-ETF erfordert einen Prüfaufwand, der mit dem Aufwand bei aktiv
gemanagten Fonds vergleichbar ist“, warnt Fondsexperte Kemper. Um wirklich zu
verstehen, nach welchen Kriterien ein Themen-ETF investiert, sei das
ausführliche Studium der Indexregeln über das sogenannte „Index Rule Book“
unerlässlich. Leider ist diese Erklärung nicht immer einfach zu finden und zu
verstehen.
Peer-Group-Vergleiche mit historischen Daten helfen aufgrund
der Produktunterschiede natürlich ebenfalls selten weiter. Auch sollte
kontinuierlich überwacht werden, ob der gewählte ETF mit seiner Umsetzung des
gewählten Themas zur aktuellen Marktsituation passt. „Somit stellen thematische
Ansätze für das Anlagevehikel ETF nichts Geringeres dar als die Abkehr vom
Versprechen der Einfachheit“, resümiert Kemper.
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