Die EZB belässt beim Leitzins und den Anleihekäufen alles beim Alten. Aufhorchen lässt, dass kein Wort über eine Ausweitung des Ankaufprogramms verloren wird. Markiert dieses strategische Moment eine geldpolitische Wende? Was die Finanzmarktexperten jetzt sagen.
09.03.2018 | 13:06 Uhr
Auf ihrer gestrigen Sitzung hat die EZB, in Person von Mario Draghi, eigentlich nichts Neues verkündet: Die Leitzinsen bleiben unangetastet auf null Prozent, das Quantitative Easing (QE) wird beibehalten. Die EZB hatte bereits im letzten Jahr beschlossen, das monatliche Volumen der Anleihekäufe zurück zu fahren und halbierte die Summe von 60 Mrd. auf 30 Mrd. Euro. Die Wirtschaft im Euroraum wird noch mindestens bis Ende September diesen Jahres mit billigem Geld versorgt. Offen ließen die Notenbanker weiterhin das Ende des QE. Auch an den Strafzinsen in Höhe von 0,4 % für Einlagen bei der Europäischen Zentralbank wird nicht geschraubt. Neu ist dagegen, dass seitens der EZB nicht mehr explizit erwähnt worden ist, im Falle eines wirtschaftlichen Abschwungs das Kaufprogramm erneut anzuheben. Die Märkte werten dies überwiegend als eindeutiges Zeichen für einen Einstieg in den Ausstieg aus dem QE.
Die Pressekonferenz als Video:
Kein Stress – aber auch keine endgültige Entwarnung
Für CFA Christian Apelt, Finanzmarktexperte der Helaba, macht sich die EZB mit ihrer Forward Guidance tatsächlich auf den Weg aus dem Zins-Tal. Die EZB habe einen weiteren Trippelschritt in Richtung einer geldpolitischen Trendwende unternommen. Aber der Weg zu einer ersten Zinserhöhung sei noch weit.
Auch Isabelle Meyer, Fixed Income Spezialist von Insight Investment, sieht die Geldpolitik zurück auf dem Weg der Normalisierung: „Die positive Einschätzung des aktuellen Wirtschaftsumfelds und die Anhebung der BIP-Prognose für 2018 von 2,3% auf 2,4% deuten darauf hin, dass QE 2018 im 4. Quartal langsam ausläuft. Wir betrachten die Rhetorik der EZB nicht als besonders „hawkish“, sondern vielmehr als einen Hinweis auf einen schrittweisen Ausklang der quantitativen Lockerung.“
Stefan Isaacs, Deputy Head Fixed Income bei M&G, argumentiert,der Verzicht auf eine konkrete Aussage zu weiteren Notankäufen, sei ein Zeichen, die Anleihekäufe zurück fahren zu wollen. Die EZB würde sich in Richtung einer strafferen Geldpolitik bewegen. „Im Ergebnis könnten die Renditen von Staatsanleihen weiter unter Druck geraten, besonders die kurzen Laufzeiten. Das sollte zyklischen Branchen entgegenkommen und Risiko-Assets unterstützen“, schließt Isaacs.
Die Deutsche Bank sieht, dass Anleihen nun ebenfalls unter Druck geraten. „Insgesamt dürfte das leicht höher erwartete Zinsniveau in den kommenden Monaten zu weiteren Kursverlusten am Anleihemarkt führen, während die Aktienmärkte für entsprechend risikobereite Anleger interessant bleiben“, so Dr. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege der Deutsche Bank. Solange sich ein Anstieg der Inflationserwartungen beziehungsweise des Zinsniveaus auf der einen und das Gewinnwachstum der Unternehmen auf der anderen Seite die Waage halten, sehe er an den Börsen weiteres Kurspotenzial.
(DW)
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