Auf dem Fondskongress sprach der Wirtschaftsweise über den Stand der Eurokrise. FundResearch war dabei.
30.01.2014 | 10:45 Uhr
„Wir sehen Licht am Ende des Tunnels“, beruhigt Professor Peter Bofinger, der am gestrigen Mittwoch zum dritten Mal von der Bundesregierung zu einem der Wirtschaftsweisen ernannt wurde, die Zuhörer auf dem Fondskongress in Mannheim direkt zu Beginn. „Das Thema Eurokrise kann inzwischen entspannter gesehen werden.“ Insbesondere die Rede von EZB-Präsident Mario Draghi im Sommer 2012 habe enorm dazu beigetragen. Dass die EZB alles tun werden, um den Euro retten, werde in die Liste der berühmtesten Sätze der Wirtschaftsgeschichte eingehen.
Eine Lehre aus der Krise sei, dass Europa fortan mit einer Stimme sprechen müsse: „Die Krise war auch ein Reflex auf die Desintegration des Euroraums“, sagt Bofinger. Dies habe sich inzwischen geändert: „Die Integrität des Euroraums wird nicht mehr in Frage gestellt.“ Daran hätten auch die einzelnen Staaten ihren Anteil. So seien die Leistungsbilanzdefizite beispielsweise deutlich abgebaut worden. Vor allem von Spanien ist Bofinger positiv überrascht. Dort ziehe der Export merklich an. „Noch vor einigen Jahren unkten viele Ökonomen, was Spanien denn verkaufen wolle. Heute sieht man, dass es dort einiges gibt.“ Die Welt des Euroraums habe sich fundamental geändert. Niemand stelle dessen Stabilität derzeit in Frage.
Dennoch: Es gibt weiterhin Probleme. „Die Sparpolitik hat die Staaten überfordert“, konstatiert der Wirtschaftsweise. Schon die Grundannahme, dass die Krise durch zu viele Schulden hervorgerufen wurde, sei falsch gewesen. „Das Problem war, dass der Privatsektor zu viel Geld gespart hat.“ Zu starkes Sparen bremse die Wirtschaft. „Eine schrumpfende Wirtschaftsleistung erhöht die Schulden“, so Bofinger und befindet frei nach John Meynard Keynes: „In der Krise darf man nicht sparen.“ Insbesondere die USA hätten erfolgreich gegen das private Sparen angekämpft. In der Eurozone sei dies jedoch deutlich weniger stark angegangen worden.
„Das Haus muss fertig gebaut werden“
Als weiteren Risikofaktor macht Bofinger die hohe Arbeitslosigkeit von derzeit rund zwölf Prozent in der Eurozone aus. IWF-Prognosen zufolge wird sie auch 2014 und 2015 nicht zurückgehen. Dadurch werde es den Staaten erschwert, stabilisierende Maßnahmen umzusetzen. Auch eine mögliche Deflation könne den Währungsraum gefährden: „Die Inflationsraten der Staaten sind sehr gering. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen aber viele Länder die Löhne senken“, erläutert der Ökonom. „Sollten alle Staaten diesen Schritt wagen, dann fallen die Preise.“ Die ohnehin schon hohe Verschuldung steige durch die Deflation noch weiter.
Die Krise müsse als Chance gesehen werden: „Das Grundproblem der Währungsunion ist deren instabile Architektur.“ Bildlich gesprochen gebe es jetzt zwei Möglichkeiten: „Entweder wir reißen das Haus ab oder wir bauen es fertig“, so Bofinger. Dabei lässt er keinen Zweifel daran, dass es fertig gebaut werden sollte. Eine fiskalische Integration des Euroraums sei daher unbedingt nötig: „Trotz aller bisherigen Schwierigkeiten ist der Weg der europäischen Integration der beste.“ Bofinger vergleicht den Prozess mit dem Bau eines Tunnels in einen Berg: „Am Anfang des Tunnels gab es nationale Geld- und Fiskalpolitiken. Am Ende des Tunnels wird beides integriert sein.“ Derzeit befände sich der Währungsraum in der Mitte des Tunnels. Der Wirtschaftsweise fordert, den Weg zu Ende zu gehen. Scherzhaft sagt er: „Diejenigen in der EU, die sich weiter durchwursteln wollen, hoffen, dass Berg von alleine verschwindet.“
(PD)
Diesen Beitrag teilen: