Rückblick auf die vergangene Woche
Man muss nicht lange überlegen, um das Thema der zurückliegenden Woche zu identifizieren. Es ist Donald Trump und sein Zoll-Rundumschlag. Auch auf der TiAM Investment-Konferenz am Donnerstag und Freitag war dies das Gesprächsthema schlechthin. Der US-Präsident verhängte Zölle auf Alles und gegen Jeden – mit Ausnahme von Kuba, Russland, Weißrussland und Nordkorea. Grundsätzlich gelten nun Einfuhrzölle in die USA von zehn Prozent. Die Importe etlicher großer Handelspartner (falls dieser Begriff „Partner“ noch zutrifft) werden noch einmal mit Extra-Strafzöllen belegt. Besonders hart trifft der neu eröffnete Handelskrieg die Heard- und McDonaldinseln. Dort leben ausschließlich Königspinguine, Seevögel und Robben. Für sie besonders fatal: Die Armen wissen noch gar nichts von ihrem Unglück. Es gibt auf den Inseln kein Internet und niemanden, der ein Smartphone bedienen könnte. So können sich etwa die Pinguine nicht auf X gegen den Vorwurf wehren, sie hätten die USA in den vergangenen Jahren massiv abgezockt.
Im Ernst: Donald Trump hat den vergangenen Mittwoch als „Liberation Day“ gefeiert. Recht hat er. Der Tag könnte in die Geschichte eingehen als der Tag, an dem Donald Trump die Welt von der wirtschaftlichen Vorherrschaft der USA befreit hat. Denn einen Handelskrieg gegen den Rest der Welt kann keine einzelne Nation gewinnen. Auch die USA nicht. Das hat mehrere volkswirtschaftliche und mathematische Gründe. Und auch aus spieltheoretischer Sicht ist so ein Rundumschlag unklug.
Es fängt schon damit an, dass Zölle gegen Alle bedeuten, dass für alle Marktteilnehmer in den USA die Handelsbedingungen auch nach dem „Liberation Day“ immer noch in etwa gleich sind. Alle Importe werden teurer, auch die Vorprodukte. Somit trifft der Zollvorstoß auch die eigene US-Wirtschaft und übrigens auch jene ausländischen Unternehmen, die ihre Produktion in die USA verlegt haben oder überlegen, es zu tun. Für den Rest der Welt ist es dagegen eigentlich ein Nullsummen-Spiel. Den Preis zahlen die US-Verbraucher.
Es geht weiter damit, dass durch den zu erwartenden Konjunkturabschwung in den USA der US-Dollar an Außenwert verliert. Das ist bereits zu beobachten. Seit Anfang des Jahres hat der Greenback rund zehn Prozent gegenüber dem Euro an Wert verloren. Die Einkaufskosten für Rohstoffe sind also schon um diesen Prozentsatz gesunken. Für die Exportnationen außerhalb der USA bedeutet dies, dass Rohstoffimporte günstiger werden. Denn alle Rohstoffe werden in US-Dollar gehandelt. Beim wichtigen Energierohstoff Öl kommt noch hinzu, dass der Preis nach Trumps Zoll-Rede regelrecht eingebrochen ist – von zuvor 75 auf aktuell 65 US-Dollar. Das ergibt beim noch immer wichtigsten fossilen Energieträger satte 13 Prozent Preisnachlass. Zusammen mit dem US-Dollarschwund sparen europäische Unternehmen, die Waren in die USA exportieren, grob gerechnet schon jetzt das ein, was Donald Trump seinen Wählern als Strafzahlung für den Kauf europäischer Produkte verordnet. Die US Öl- und Gasförderer dagegen erleben gerade genau das Gegenteil von dem, was sie sich von Trump als US-Präsident erhofft hatten.
Der nächste Punkt ist die Börse: Wenn US-Unternehmen angesichts höherer Importkosten und eines schwachen Dollar demnächst mit höheren Produktionskosten rechnen müssen, schwächt dies ihre Wettbewerbsfähigkeit. Wie Analysten am Kapitalmarkt diese Aussicht einschätzen, lässt sich derzeit gut beobachten. Aus Sicht der Investoren hat der US-Präsident im Oval Office schmatzend seine Vorschusslorbeeren verspeist und im Gegenzug nichts dafür geliefert. Die Trump-Rally ist deshalb vorbei. Die Anleger sind ernüchtert. Der S&P 500 befindet sich auf ungebremster Talfahrt. Allein seit Mittwoch hat der wichtigste US-Aktienindex fast acht Prozent an Wert verloren.
Dann wäre da noch der Rentenmarkt: Zwar sind die Renditen für US-Staatsanleihen niedriger als noch vor einem Jahr. Doch der Markt hat zwei Faktoren noch nicht eingepreist: erstens eine weitere Abwertung des US-Dollar, die Trump nach eigener Aussage unbedingt will. Solch eine Abwertung würde unweigerlich zu einer verstärkten Kapitalflucht aus US-Anleihen führen und die Renditen weiter nach oben treiben. Zweitens verschließen die Marktteilnehmer offensichtlich noch immer die Augen davor, dass die Staatsverschuldung unter der Regierung Trump nicht sinken, sondern massiv steigen wird. Denn die offen kommunizierte Idee des Präsidenten, auch nachzulesen im Project 2025, ist es, die Steuern im Inland auf null zu senken und den Staat allein durch Außenzölle zu finanzieren. Dieses Vorhaben befindet sich schon weit in der Umsetzungsphase. Die US-Steuerbehörde IRS hat bereits 7.000 Mitarbeiter entlassen. Im nächsten Schritt sollen weitere 90.000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz dort verlieren – also jeder zweite Angestellte. Am Ende soll die IRS aufgelöst werden. Man muss es so sagen: Das Ganze ist ein irrer Plan, der nicht aufgehen wird. Die USA nahmen zuletzt rund 80 Milliarden US-Dollar im Jahr an Zöllen ein. Das sind rund 1,8 Prozent des derzeitigen Staatshaushaltes. Selbst wenn alle Zölle in ihrer jetzt kommunizierten Höhe beibehalten werden, werden sie die US-Staatskasse nicht ausreichend füllen, um auch nur annähernd den Staat zu finanzieren. Im Gegenteil. Die absehbare Schwächung der US-Wirtschaft und der damit einhergehende Rückgang der Steuereinnahmen wird die aktuelle Regierung schon bald dazu zwingen, in großem Umfang neue Schulden aufzunehmen – was wiederum die Kurse von US-Staatsanleihen unter Druck setzen, den US-Dollar belasten und die US-Renditen in die Höhe treiben wird. Ein Teufelskreis. Dabei war die Lage des US-Staatshaushaltes schon vor den Trump´schen Irrungen prekär. Allein der Zinsdienst verschlingt rund eine Billion Dollar im Jahr. In den kommenden zehn Jahren werden die USA jährlich schätzungsweise zwei Billionen Dollar netto (!) an neuen Schulden aufnehmen müssen, um überhaupt über die Runden zu kommen. Da stellt sich die Frage, wer die künftige Flut von US-Staatsanleihen kaufen wird – und zu welchem Preis. Sprich: Die US-Verschuldung wird für die Regierung immer teurer.
Diese Fakten liegen offen auf dem Tisch. Eigentlich wäre totaler Freihandel die passende Antwort, um die Inflation zu senken und die Wirtschaft zu stärken. Ist also vielleicht doch noch Einsicht zu erwarten von Donald Trump? Wohl eher nicht. Denn der US-Präsident hat im Rahmen seiner Zoll-Verkündungen ganz nebenbei den Nationalen Notstand ausgerufen. Dieser erlaubt ihm, ohne Zustimmung des Kongresses den Staatshaushalt neu zu sortieren, Budgets zu kürzen oder nach eigenem Gutdünken zwischen den einzelnen Ressorts zu verschieben. Trump hat nun alle finanziellen Freiheiten, um zu tun, was immer er tun will, völlig losgelöst von einer Realität, die er offensichtlich nicht wahrnimmt. Vielleicht war dies das eigentliche Ziel des „Liberation Day“.
Interessante Termine in den kommenden Tagen
Am Dienstag veröffentlicht Redbook Research seinen Johnson Redbook Index. Es ist ein Umsatz gewichteter Wachstumsindikator der großen US-Einzelhändler. Der Index repräsentiert rund 80 Prozent des Einzelhandelsumsatzes in den USA. Die Beobachtung der Entwicklung dieses Konjunkturbarometers könnte in den kommenden Monaten sehr spannend werden.
Am Mittwoch trifft sich das Federal Open Market Committee, kurz FOMC. Die Runde definiert die geeignete Ausrichtung der US-Geldpolitik und beurteilt die Risiken in den langfristigen Zielen der Preisstabilität und des nachhaltigen Wirtschaftswachstums in den USA. FOMC-Protokolle werden durch den Vorstand der Federal Reserve veröffentlicht und sind ein klarer Hinweis auf die zukünftige US-Zinspolitik.
Am Donnerstag stellt die Bundesbank in Frankfurt ihre aktuelle Studie „Private Haushalte und ihre Finanzen“ vor. Die Deutsche Bundesbank hat im Jahr 2023 zum fünften Mal nach 2010, 2014, 2017 und 2021 private Haushalte in Deutschland zu ihrem Vermögen und ihren Schulden befragt. Mal schauen, ob Sparbücher und Kapitallebensversicherungen immer noch so beliebt sind…
Am Freitag trifft sich die Eurogruppe. Teilnehmen werden die Finanzminister der Mitgliedsstaaten des Euro-Währungsgebiets, der Kommissar für Wirtschafts- und Währungsfragen und der Präsident der EZB. Die Themenliste ist lang. Es gibt einiges zu besprechen. Trumps Zollpaket wird wohl auch ein Thema sein. Alles andere wäre eine Überraschung.
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