Exklusiv für TiAM FundResearch kommentiert Jens Ehrhardt den Ukraine-Russland-Konflikt sowie seine Folgen für Deutschland. Zudem analysiert der DJE-Chef die Chancen für Ölaktien.
24.02.2022 | 12:30 Uhr von «Jens Ehrhardt»
„Russland und Deutschland sind die Hauptverlierer“
In diesem Jahr werden die US-Notenbank-Politik und die Geopolitik die bestimmenden Börsenthemen sein. Der Ukraine-Russland-Konflikt bewegt zwar leider gerade die Welt – dürfte gesamtkonjunkturell aber weniger Auswirkung haben, als derzeit viele erwarten.
So hat Russland hat als Lieferant zwar eine selektive Bedeutung für Erdöl und Rohstoffe, macht aber nur 1,3 Prozent des Welt-Bruttosozialprodukts aus. Deutschland wiederum wickelt nur 1,9 Prozent seines Exports mit Russland ab. Trotzdem sind Russland und Deutschland die Hauptverlierer des Konflikts.
Russland verliert wegen möglicher Sanktionen, die die russische Produktion mangels ausländischer Zulieferungen im Ernstfall teilweise lahmlegen dürfte – und Deutschland verliert wegen der steigenden Preise für Energieimporte und wegen des Stopps von Nord Stream 2. Denn 55 Prozent unseres Gasbedarfs kommt aus Russland und die Alternative wäre teures amerikanisches Flüssiggas.
„Frankreich setzt sich in Europa immer mehr an die Spitze“
Überhaupt hat man den Eindruck, dass Deutschland seine Wirtschaft selbst schädigt: beginnend von der Energiewende, die die teuersten Strom- und Energiekosten weltweit zur Folge hatte und dem Aus für den Verbrennungsmotor. Beides hat negative Folge. Die hohen Strom- und Energiekosten machen den Standort Deutschland für Unternehmen unattraktiv. Das Aus für den Verbrennungsmotor schädigt den wichtigsten deutschen Wirtschaftszweig.
Dagegen setzt sich Frankreich in Europa immer mehr an die Spitze. Das Land stimuliert die eigene Wirtschaft durch die größte Neuverschuldung. Und anders als zu Franc-Zeiten muss Frankreich auf eine schwache Währung und hohe Zinsen keine Rücksicht mehr nehmen – und auch nicht auf das mit weitem Abstand größte Handelsbilanzdefizit. Anders in Deutschland. Bei einer Rückkehr zur schwarzen Null sorgt Deutschland zwar für eine größere Stabilität des Euros, schwächt damit aber sein eigenes Wirtschaftswachstum.
Frankreich und Italien wuchsen im letzten Jahr dreimal so schnell wie die deutsche Wirtschaft. Durch das Anerkennen von Atomstrom als grüne Energie wird Frankreich seinen mit über 70 Prozent ohnehin hohen Anteil an preisgünstigem Atomstrom durch neue AKWs weiter vergrößern.
Deutschland muss nach der Abschaltung seiner 17 AKWs beziehungsweise 15 Prozent der Stromerzeugung jetzt zunehmend teuer Atomstrom aus Frankreich importieren. Auch andere Wachstumsländer, darunter primär China, forcieren den Ausbau von Nuklear- und Kohlestrom. Auch die USA denken nicht daran, im Energiesektor wirtschaftsschädigende Maßnahmen vorzunehmen, sondern fördern die Ölproduktion, was allerdings zu deutlich mehr Umweltschäden führt.
„Eine Jahrhundert-Gelegenheit bei Ölaktien“
Je mehr die wirtschaftliche Bedeutung und der relative Wohlstand in Deutschland abnehmen, um so mehr wächst die Wirtschaft in den USA. In den letzten zwei Jahren stimulierte das Land seine Wirtschaft mit circa 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, was der höchsten Neuverschuldung seit dem Zweiten Weltkrieg entspricht.
Zudem sind die USA neben Russland und Saudi-Arabien der weltweit größte Ölproduzent. Gleichwohl machen US-Ölaktien heute nur noch drei bis vier vom S&P 500 Index aus. Das ist mehr als eine Fünftelung gegenüber den Höchstständen.
Man kauft amerikanische Ölaktien damit zu Bewertungen, die im Hinblick auf Gewinne, Dividenden und Aktienrückkäufe eine Jahrhundert-Gelegenheit sind. Für europäische Ölaktien gilt dies ebenso.
Denn die niedrigen Investitionen der Branche führen zu tiefen Abschreibungen und zu entsprechend hohen Gewinnen. Daher entwickeln sich US-Ölaktien in diesem Jahr zweistellig aufwärts, während teure US-Technologieaktien deutlich zweistellig fallen.
Überhaupt dürfte 2022 an den Börsen ein Jahr der Aktienbewertungen werden. Preiswerte Titel sollten steigen, überteuerte Aktien, die in den letzten Jahren am besten abschnitten, sollten fallen.
Weitere Informationen zur DJE Kapital finden Sie hier.
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