Zuvor
reichte der Ex-Chef der Europäischen Zentralbank wie schon vor einer
Woche sein Rücktrittsgesuch erneut bei dem 80 Jahre alten Oberhaupt der
Italienischen Republik ein. Mattarella kommt damit eine wichtige Rolle
für die Zukunft des Landes mit seinen fast 60 Millionen Einwohnern zu.
Als nächstes muss er entscheiden, ob er die Parlamentskammern auflöst
und damit den Weg für eine vorgezogene Wahl ebnet oder ob er einen
Experten oder Politiker sucht, um eine neue Regierungsmehrheit aus dem
bestehenden Parlament zu formen.
Draghi wollte bereits am
vergangenen Donnerstag zurücktreten, als er im Senat von der
populistischen Regierungspartei Fünf-Sterne-Bewegung das Vertrauen im
Zusammenhang mit der Abstimmung über ein Milliardenschweres Hilfspaket
nicht ausgesprochen bekam. Mattarella lehnte das Angebot jedoch ab.
Draghi sollte sich am Mittwoch stattdessen im Senat und am Donnerstag in
der Abgeordnetenkammer zur Regierungskrise erklären.
Im Senat
erhielt der parteilose Banker allerdings am Mittwochabend eine herbe
Klatsche, als drei seiner Regierungsparteien bei einem Vertrauensvotum
über seine Regierung nicht mit abstimmten. Er gewann zwar die Abstimmung
mit 95 Ja- zu 38 Nein-Stimmen, bekam aber nicht die von ihm geforderte
breite Zustimmung für einen neuen "Pakt des Vertrauens".
Italien
rutscht damit immer weiter ins politische Chaos. Am Vormittag reagierten
die Märkte auf die drohende politische Instabilität in der drittgrößten
Volkswirtschaft der EU mit einer Abwärtsbewegung. Die Börse in Mailand
stand zwischenzeitlich mit zwei Prozent im Minus. Der Risikoaufschlag
für zehnjährige italienische Staatsanleihen im Verhältnis zu deutschen
Staatsanleihen stieg deutlich an. Das hoch verschuldete Italien könnte
damit zu einer Gefahr für die EU und den Euro werden, der unter Druck
geraten könnte.
Mattarellas Entscheidung könnte für das
Mittelmeerland gravierende Auswirkungen haben. Eine vorgezogene Wahl
würde zunächst politischen Stillstand bedeuten und in Italien, aber auch
in Europa, für Instabilität sorgen. Eigentlich müsste das Parlament
weitere Reformen durchsetzen, um sich die Corona-Wiederaufbaugelder aus
Brüssel in Milliardenhöhe zu sichern. Außerdem muss der Haushalt für
2023 geplant werden, was in der italienischen Politik traditionell für
viel Streit sorgt.
Die Wahl könnte außerdem Umfragen zufolge die
politische Landschaft maßgeblich verändern. Derzeit liegt die
rechtsextreme Oppositionspartei Fratelli d'Italia von Giorgia Meloni in
der Wählergunst vorne. Gemeinsam mit der rechten Lega und der
konservativen Forza Italia könnte der Mitte-Rechts-Block damit sehr
viele Menschen und am Ende vielleicht sogar eine Parlamentsmehrheit
hinter sich vereinen.
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