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Warum der hohe Marktkonsens nach den US-Wahlen ein Warnsignal ist

Beat Thoma
US-Wahlen

Der Optimismus an den Börsen sollte ein Weckruf für die Anleger sein. Ein Kommentar zur US-Wahl von Beat Thoma, CIO bei Fisch Asset Management in Zürich.

08.11.2024 | 12:30 Uhr

Die Republikanische Partei stellt nicht nur den nächsten Präsidenten, sondern hat auch den Senat zurückgewonnen und dürfte die Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten. Dies eröffnet Donald Trump größtmöglichen Spielraum, seine Wahlversprechen konsequent und ohne größere Widerstände aus dem Kongress umzusetzen.

Seine konjunkturrelevanten Hauptpunkte sind

1) Deutliche Steuersenkungen

2) Zölle (insbesondere gegen China)

3) Immigration stark einschränken oder sogar rückgängig machen

4) Deregulierung (u.a. im Energie- und Finanzsektor)

Es besteht derzeit ein nahezu vollständiger Konsens unter (Finanz-)Experten, dass deshalb

a) sowohl die Konjunktur als auch die Aktien- und Kreditmärkte in den USA sich gut entwickeln (im Rest der Welt dagegen eher mäßig)

b) die US-Inflation als Folge höherer Importzölle und steigenden Lohndrucks (infolge tieferer Immigration) steigt

c) die Staatsverschuldung und der Aufwärtsdruck auf die langfristigen Zinsen weiter zunimmt

d) der US-Dollar unter Druck kommt (wegen Staatsverschuldung und Inflation)

Da dieser hohe Konsens in den Märkten längst eingepreist ist, ist es unwahrscheinlich, dass die diesbezüglichen Erwartungen auch nur annähernd erfüllt werden.

Zudem würde die US-Notenbank, wenn es soweit kommen sollte, schnell einschreiten und den obigen zins- und inflationstreibenden Punkten a) bis d) massiv entgegenwirken. Dabei könnte es zu einer Kombination aus Quantitative Easing (QE) respektive Käufen langfristiger Staatsanleihen kommen – zur Stabilisierung der langfristigen Zinsen im Bereich 5% bis 5,5% – und einem gleichzeitigen Ende der Zinssenkungen (oder sogar einer Anhebung der Fed Funds), um die Inflation und Konjunktur zu dämpfen und den Dollar zu stützen.

Man beachte dabei: Zinsanhebungen am kurzen Ende (= restriktiv) und gleichzeitiges QE (=expansiv) ergeben eine neutrale Geldpolitik und entspricht einer „Operation Twist“, die erstmals 1961 unter der Kennedy-Administration eingeführt wurde. Die Fed hat hier dabei großen Spielraum.

Daraus folgt, obige Punkte a) bis d) werdenmittelfristig höchstwahrscheinlich nicht eintreten, sondern eher folgendes Szenario:

i) die Inflation fällt oder steigt weniger als erwartet.

ii) die langfristigen Zinsen steigen nicht oder fallen sogar aufgrund des Einschreitens der Fed (das Staatsdefizit steigt allerdings weiter massiv an)

iii) sowohl Konjunktur als auch Aktienmärkte bekommen Probleme, während die Kreditmärkte sich in einem solchen Umfeld als resilienter erweisen

iv) der Dollar wird stabilisiert.

Aktuell erscheint es uns deshalb wenig ratsam, auf einen unreflektierten Extremkonsens zu investieren und würden deshalb keine großen Veränderungen bei der Asset Allocation vornehmen. Zudem könnte es auch sein, dass Präsident Trump beim Auftreten der Probleme i) bis iv) seine Pläne abschwächt und damit erst recht den derzeitigen Konsens unterläuft.

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