In einer aktuellen Befragung des DIVA von 2.000
Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland bestätigen lediglich 37,7 Prozent, dass
Nachhaltigkeit Einfluss auf ihre Geldentscheidungen hat. Dazu Michael Heuser, Wissenschaftlicher
Direktor des DIVA: „Das bedeutet umgekehrt, dass für knapp zwei Drittel das
Thema bei ihrer Geldanlage keine Rolle spielt. Im Sommer 2022 waren das noch
weniger als 60 Prozent.“ Die Glaubwürdigkeit des Themas scheine bei den
Geldanlegern abzunehmen: „Inzwischen halten über 41 Prozent der Befragten
nachhaltige Geldanlagen bloß für eine Modeerscheinung. Als wir im Sommer 2021
erstmals fragten, waren das noch 37,3 Prozent."
Viele sehen ESG als Modeerscheinung
Bemerkenswert ist, dass Befragte mit höheren Einkommen
die größeren Zweifel an nachhaltigen Geldanlagen hegen. 46,4 Prozent von ihnen
– und damit erkennbar mehr als mittlere (39,5%) und niedrige (38,4%) Einkommen
– sehen darin eine Modeerscheinung. Bei den Beziehern höherer Einkommen hat
sich der Wert seit der Erstbefragung im Sommer 2021 (36,7 Prozent) um fast 10
Punkte erhöht. „Dies ist eine schlechte Nachricht, denn naturgemäß könnten
Besserverdienende den größten finanziellen Beitrag zur Transformation leisten“,
kommentiert Heuser.
Norman Wirth, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW, einer der Trägerverbände des DIVA, sieht hier Politik und Finanzwirtschaft gleichermaßen gefordert: „Bislang ist noch nicht einmal geklärt, was überhaupt eine nachhaltige Geldanlage sein soll. Dazu bedarf es nachvollziehbarer Kriterien, die die Politik setzen muss. Auch sorgt die Entscheidung um die Einbeziehung von Energiegewinnung durch Atomkraft und fossiles Erdgas als nachhaltige Übergangstechnologie für Unverständnis.“ In die Richtung der Politik adressiert Wirth weitere klare Worte: „Die regulatorischen Vorgaben sind nahezu unverständlich, viel zu kompliziert und komplex. Das muss sich ändern, sonst gibt es kaum Akzeptanz bei den Vermittlern und ihren Kunden für dieses doch so brennende Thema.“
Ansprache und Aufklärung sind notwendig
Heuser sieht fehlende Kenntnisse als weiteren entscheidenden Grund für die bisherige Zurückhaltung der Anleger. „In vielen wichtigen Lebensbereichen wie Mobilität, Energie oder Ernährung spielt das Thema Nachhaltigkeit inzwischen eine größere Rolle als bei Geldanlagen. Fehlende Einsicht kann also nicht der Grund des mangelnden Interesses sein. Wir schließen aus den Umfrageergebnissen, dass viele die Möglichkeiten und Relevanz nachhaltiger Geldanlage gar nicht kennen“, so der DIVA-Direktor.
Wirth bestätigt dies mit Blick auf die Beratungspraxis der Mitglieder seines Verbandes: „Investiert ein Kunde am Ende in einen nachhaltig ausgerichteten Fonds, ist es in neun von zehn Fällen der Berater, der den Kunden auf diese Möglichkeit angesprochen hat. Will die Politik bei diesem Thema vorankommen, sollte sie auf die Stärkung der Berater setzen. Sie sind im Grunde ihre Verbündeten. Die aktuelle Diskussion der Europäischen Kommission über ein Provisionsverbot für Anlageprodukte ist vor diesem Hintergrund kontraproduktiv“, so Wirth. (jk)
Zur Umfrage
Die Umfrageergebnisse basieren auf einer Sonderbefragung des DIVA im Rahmen des halbjährlich ermittelten Deutschen Geldanlage-Index (DIVAX-GA). Rund 2.000 Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gaben Auskunft über ihre Ansichten zum Thema Nachhaltigkeit bei der Geldanlage. Die Studie wurde im Auftrag des DIVA von INSA-CONSULERE durchgeführt. Die Ergebnisse sind auf der Website des DIVA zu finden: https://diva.de/forschung
Diesen Beitrag teilen: