FundResearch: Mr. Roberts, haben Dividendenaktien als Zinsersatz aufgrund
der sinken Dividendenrenditen schon wieder an Attraktivität verloren?
Daniel
Roberts: Dividenden waren in den letzten 100 Jahren
die treibende Kraft hinter den Aktienrenditen. Allerdings hatten globale
Dividendenstrategien in den letzten zehn Jahren Mühe, mit dem breiteren Markt
Schritt zu halten. Das deutet darauf hin, dass die Suche nach laufenden
Erträgen nicht das dominierende Aktienthema war.
Wie
schätzen Sie die aktuelle Lage ein?
Das gegenwärtige Umfeld mit weitverbreiteten
Dividendenkürzungen stellt einkommensorientierte Anleger vor Herausforderungen,
verdeutlicht aber auch die Gefahren von Investitionen, die sich ausschließlich
auf Ausschüttungen konzentrieren.
Welche
Gefahren meinen Sie?
Der häufigste Fehler von Dividendenanlegern
besteht darin, in Aktien mit den höchsten Renditen zu investieren, ohne die
Nachhaltigkeit der Dividende gebührend zu berücksichtigen.
„Gleichgewicht
zwischen Rendite und Qualität“
Wie
lautet die Lösung?
Wichtig ist, auf ein vernünftiges
Gleichgewicht zwischen Rendite und Dividenden-Qualität zu achten. Dies kann
helfen, Renditefallen zu vermeiden, den Dividendenstrom zu steigern und dadurch
im Lauf der Zeit eine bessere Gesamtrendite zu erzielen. Langfristig würden wir
erwarten, dass solche Strategien weiterhin gefragt sind. Vor allem angesichts
des Niedrigzinsumfelds, mit dem wir derzeit konfrontiert werden.
Gibt
es bei den Dividendenkürzungen regionale Unterschiede?
Europäische Unternehmen haben die Dividenden
stärker gekürzt als US-amerikanische oder asiatische. Dafür gibt es mehrere
Gründe.
Welche
wären das?
Erstens schütten europäische Unternehmen
einen relativ hohen Anteil ihrer Gewinne als Dividenden aus, wodurch
europäische Dividenden anfälliger für einen Rückgang der Gewinne werden.
Wie
ist es den USA?
In den USA bevorzugen die Unternehmen
Aktienrückkäufe als Kapitalausschüttung. Das heißt, die erste Maßnahme der
US-Unternehmen wird darin bestehen, Aktienrückkäufe zu stoppen, bevor sie über
eine mögliche Dividendenkürzung nachdenken.
Welche
Gründe gibt es noch?
Ein zweiter Grund ist die größere Möglichkeit
politischer oder regulatorischer Eingriffe in Europa. Beispielsweise entfielen
im Jahr 2019 auf Banken etwa 15 Prozent der Dividendenzahlungen in ganz Europa.
Allerdings wurden die europäischen Banken von den Regulierungsbehörden
angewiesen, keine Dividenden zu zahlen, zumindest bis Ende des Jahres. In den
USA wurde eine solche Politik bisher nicht in Kraft gesetzt.
„Die
Vergangenheit ist kein guter Indikator für die Zukunft“
Selbst
Dividenden-Aristokraten wie Royal Dutch Shell kürzen derzeit ihre Dividende. Welche
Folgen hat dies für Dividendenfonds?
Wer nach stetigen Dividenden sucht, sollten
wissen, dass die Vergangenheit nicht immer ein guter Indikator für die Zukunft
ist. Die Tatsache, dass ein Unternehmen über viele Jahre hinweg stetig eine
Dividende gezahlt hat, wird es nicht unbedingt schützen, wenn sich das
Geschäftsumfeld verändert und es zu einer Verschlechterung der Cashflows kommt.
Obwohl wir gern in Unternehmen investieren, die sich zu Dividendenzahlungen
verpflichten, achten wir auch auf widerstandsfähige Geschäftsmodelle und
Cashflows, die wiederum Dividendenzahlungen ermöglichen.
Mussten
Sie Ihren Fonds aufgrund des negativen Dividendentrends umbauen?
Unser Portfolio hat sich bisher als relativ
widerstandsfähig gegenüber Dividendenkürzungen erwiesen. Das ist in erster
Linie darauf zurückzuführen, dass wir viele der am stärksten betroffenen Aktien
nicht besitzen, wie etwa europäische Banken, Energie, Luft- und Raumfahrt und
auch bei zyklischen Konsumaktien, kaum engagiert sind.
Welche
weiteren Akzente setzen Sie im Portfolio?
Die defensive Ausrichtung des Fonds wird
durch die Konzentration auf Titel mit starken Bilanzen ergänzt. Daher mussten
wir keine maßgeblichen Änderungen am Portfolio vornehmen. Zumal sich das
Umsatzniveau der Fondstitel im Großen und Ganzen auf dem historischen Niveau
befindet und sich folglich das Dividendenniveau nicht dramatisch ändern sollte.
„Unsere
Anlagephilosophie haben sich nicht geändert“
Ist
es dennoch schwieriger geworden, einen Dividendenfonds zu verwalten?
Ja, dieser Abschwung ist in seiner Art sehr
ungewöhnlich. Einige normalerweise widerstandsfähige Unternehmen leiden mehr
als in einer typischen Rezession. Das Eingreifen von Regulierungsbehörden und
Politikern in die Dividendenpolitik der Unternehmen ist eine zusätzliche Hürde.
Mussten
Sie Ihre Strategie also doch ändern?
Nein, im gegenwärtigen Umfeld halten wir unseren
langfristigen Ansatz für nützlicher denn je. Unsere Anlagephilosophie und unser
Anlageprozess haben sich nicht geändert, und wir sind davon überzeugt, dass wir
über einen Marktzyklus hinweg weiterhin gute Ergebnisse liefern werden.
Auch
Dividendenfonds haben im Februar und März viel Geld verloren. Taugen Sie daher
noch als konservative Aktienanlage?
Es gibt viele verschiedene Arten von
Dividendenfonds, von denen einige konservativer sind als andere. Wir legen Wert
auf die Nachhaltigkeit der Cashflows und sind bestrebt, das Bilanzrisiko in
unserem Portfolio zu begrenzen. In Kombination mit unserer Bewertungsdisziplin
führt dies tendenziell zu einem Portfolio, das auch bei fallenden Märkten
kapitalerhaltend ist. Dies war in vielen volatilen Phasen der Fall und auch in
der jüngsten Vergangenheit.
Zur
Person: Daniel Roberts arbeitet seit November 2011
bei Fidelity in London. Davor leitete er seit
2003 bei verschiedenen Fondshäusern britische Dividendenfonds. Er hat
Mathematik an der Warwick University studiert und ist zusätzlich
Wirtschaftsprüfer und Diplom-Finanzanalyst.
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